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Brainwash

Hathor ist der Name der ägyptische Göttin der Liebe und des Todes. Beide Zustände liegen so weit auseinander, dass sie sich an ihren Enden schon wieder berühren. Ein durchaus treffender Bandname, denn auch der Sound von Hathors ist zum Teil so old-school, dass er schon wieder progressiv ist. Auch Thematisch deckt das Trio aus dem schweizerischen Winterthur in ihrem neuen Album ‚Brainwash‘ das gesamte Spektrum zwischen Optimismus und Pessimismus ab. Ihr Stil, eine Mischung aus Grunge, 80s Hardcore und Noise Rock, kommt mal aggressiv und energiegeladen, mal bedächtig und melancholisch daher. Wer Vergleiche sucht, wird am ehesten bei Bands wie Refused, Sonic Youth und Ceremony fündig. Manchmal kommen eher die einen durch, manchmal eher die anderen und manchmal alle zusammen. ‚Brainwash‘ ist musikalisch recht breit aufgestellt.

Mit ‚Angry Vampire‘ eröffnen die Schweizer das Album psychedelisch und mit rotziger Stimme, nur um sogleich in ‚Every Night‘, welches von den Gitarren her ein bisschen an Basement erinnert, plötzlich die Post-Punk-Schiene zu fahren. ‚You Are Cute‘ beginnt mit einer melancholischen Akkordabfolge, um dann im Hauptteil ordentlich zu grungen. ‚New York‘ wiederum ist eine düstere Ballade mit Post-Rock-Touch und erstreckt sich über sieben Minuten. ‚Hit Me‘ klingt in der ersten Hälfte wie klassischer Rock der 70er und 80er, driftet gegen Ende aber in sphärische Gitarrenspielereien ab. In ‚Giving Up‘ wird dann kurz mal komplett ausgerastet, nur um nur wenig später mit dem äußerst schwermütigen und vom tempo her schleppenden ‚Depp Blue Ocean‘ auf die Tränendrüse zu drücken. Wer nach dem dramatischen Ende des Songs erst einmal durchatmen muss, sollte die Platte anhalten, den ‚Kids Are Leaving‘ liefert mit harten Gitarrenriffs und einem verstörenden Text über innerfamiliäre Gewalt ein wahres Kontrastprogramm. Mit ‚Brainwashing‘, einem lautstarken Statement an die heutige Fernsehkultur, endet das Album mit einem Knall: ’supermodel, superstar, super nanny, jersey shore, mtv is history, it makes no sense to watch tv‘.

‚Brainwash‘ erinnert in seiner musikalischen Koloration an jemanden, der mit einer Schrotflinte Farbe auf eine Leinwand ballert, um ein Bild zu malen. Es hat fast schon etwas enzyklopädisches, mit seinem großen Umfang an Variationen. Strukturell reines Chaos, dafür aber gut gemachtes Chaos. Nicht jeder Song erschließt sich einem sofort, man merkt jedoch schon beim ersten Hören, dass hier viel Herzblut drinsteckt. Das und eine Menge Wut und Emotionen, verpackt in den Charme und Sound einer DIY-Garage-Band. Wer die Scheibe in den Händen hält, erkennt schon an dem Cover im Vintage-Stil, worauf er sich einlässt. Die Produktion ist bewusst einfach gehalten. Die etwas verrauschten Gitarren gehören hier zum Gesamtkonzept. Wer Anspieltipps von hohem Kontrastwert möchte, ist mit ‚Deep Blue Ocean‘ einerseits und ‚Brainwashing‘ andererseits gut beraten.

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