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Wolflight

Ein Wolf heult und weckt sofort Assoziationen an eine weite offene Landschaft und das Zwiellicht der frühen Morgenstunden. Aber trotz des Wolfes ist das nicht der Opener eines neuen Sonata Arctica Albums, sondern vielmehr der Beginn einer spektakulären musikalischen Reise, auf die uns niemand anderes als Steve Hackett mitnimmt. Der ehemalige Gitarrist der Musiklegende Genesis und erfolgreicher Solo-Musiker hat nach seiner äußerst erfolgreichen Veröffentlichung von „Genesis Revisited II“ und der dazugehörigen Tour neues Material geschrieben, das er jetzt mit „Wolflight“ veröffentlicht. Das Album ist sein erstes Solo-Studioprojekt seit „Beyond The Shrouded Horizon“ von 2011. Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Warten hat sich mehr als gelohnt.

Als „Wolflight“ wird der frühe Morgen bezeichnet bevor die Dämmerung einsetzt. Frühaufsteher Hackett hat einen Großteil der Songs zu dieser Uhrzeit geschrieben. Zusätzlich hatte Hackett die Gelegenheit, in Italien einige Zeit mit wirklichen Wölfen zu verbringen. Momente und Erinnerungen wie diese haben das Album geprägt. Schon der instrumentale Opener ‚Out Of The Body‘ mit oben erwähntem Heulen als Einstieg versprüht eine grandiose Stimmung mit treibenden Rhythmen und Steve Hacketts sofort erkennbarem markantem Gitarrenspiel. Die zehn Tracks erkunden verschiedene Welten und Universen: Seien es antike Kulturen wie Griechenland (Corycian Fire) oder Asien (im Titeltrack), aber auch Themen wie Martin Luther King (Black Thunder) werden thematisch angesprochen. Wie diese Themenvielfalt schon verrät, ist es ein Album voller verschiedener Stimmungen geworden, die sich natürlich auch musikalisch widerspiegeln. Es ist eine große Vielfalt an Instrumenten und Stilen vorhanden, eben genau das, was ein Progressive-Rock-Album ausmacht. Neben klassischem Rock – der im übrigen nur einen geringen Teil von „Wolflight“ ausmacht – tauchen immer wieder orchestrale Passagen auf, aber auch exotische Instrumente wie die arabische Lute oder ein Didgeridoo und mehrstimmige Chöre sind in die faszinierenden Klangwelten eingewebt, die Hackett auf diesem Album präsentiert. Gitarrenrock trifft auf Folk, auf Ethno, auf Klassik.

So wie das „Wolflight“ eine ganz besondere Stimmung für alle Frühaufsteher oder Nachtschwärmer bereit hält, läd auch dieses Album ein zum Träumen, zum Schließen der Augen, zum Genießen. Bittersüß, melancholisch, düster präsentiert sich ‚Lovesong To A Vampire‘, während ‚The Wheel’s Turning‘ Jahrmarktatmosphäre aufkommen lässt. Der ausgedehnte Instrumentalteil in der Songmitte wechselt von schwelgender Orchestermusik zu fast schon experimentellen Gitarren- und Keyboard-Eskapaden, ohne je das Ziel oder die Struktur aus den Augen zu verlieren. Immer wieder sind es vor allen Dingen die wunderschönen schwebenden Gitarrenparts, die den Hörer sanft umschließen und zum Verweilen unter den Wölfen einladen. Mit ‚Earthshine‘ präsentiert Hackett ein weiteres Instrumentalstück, einzig getragen von der 12saitigen Akustikgitarre. Beim oben erwähnten ‚Black Thunder‘ dominieren dann härtere Riffs. ‚Dust And Dreams‘ verzichtet wieder auf Vocals und überzeugt durch eine schöne Mischung aus melancholischen Gitarren und Streicherpassagen.

„Wolflight“ hat viele ruhige Momente, ist äußerst stimmungsvoll und träumerisch. Kein kraftvolles Rockalbum, sondern in der Tat die große Beschwörung einer magischen Morgenstunde unter heulenden Wölfen. Die Atmosphäre, die Steve Hackett bei seinem Ausflug in Italien zu den Wölfen erlebt haben muss, ist zu jeder Sekunde dieses großartigen Albums präsent und nimmt von jedem Besitz, der bereit ist, dem Musiker zu folgen. „Wolflight“ ist damit eins der ganz großen Highlights des noch jungen Jahres.

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