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Winners And Losers

Gypsy Soul sind so eine der Bands, die nie ein Album veröffentlicht haben, aber in Underground-Hardrock-Kreisen mittlerweile die Schwelle zur Urban Myth überschritten haben. Gitarrist JK Northrup, Sänger Johnny Edwards und Basser Larry Hart waren 1987 mit Schützenhilfe von Ronnie Montrose gestartet – Johnny Edwards hatte auf dem 1987er Montrose-Album „Mean“ gesungen. Die Drei tauchten danach gemeinsam bei King Kobra auf (auf dem „III“-Album) und danach, nochmals ohne ein Album zustande zu kriegen, unter dem Bandnamen Northrup. Erst mit Johnny Edwards Einstieg bei Foreigner zerfiel das Trio komplett, und Gypsy Soul-Material tauchte schießlich unter Anderem auf dem Northrup/Shortino-Album „Back On Track“ und Foreigners „Unusual Heat“ auf. Empire Records haben nun eine Reihe an Demos der Band lizenziert, die unter dem Titel „Winners And Losers“ an den Fan gebracht werden sollen.

Nun, auch wenn beim Sound (Stichworte:Demos und 1987) deutliche Abstriche gemacht werden müssen, Gypsy Soul waren schon eine ziemlich geile Band, die mit einem ordentlich produzierten Album möglicherweise wirklich den Sprung in die erste Liga geschafft hätten. Der Feinschliff von Beau Hill oder Ron Nevison oder der härtere Ansatz eines Michael Wagener oder Andy Johns hätten hier wirklich einen echten Achtziger-Klassiker hervorbringen können. Songs wie ‚Survival In The Streets‘, ‚Fire And Water‘ und ‚The Kid Is Back In Town‘ liegen zumindest perfekt positioniert im Spannungsfeld zwischen melodischem Metal und glamrockigen Hooklines, dazu gibt’s ein paar kommerziellere, AOR-lastige Songs wie das tolle ‚Burning In Her Fire‘, das eigentlich „MTV-Hit 1987“ schreit. Die Energie stimmt, das Songwriting ist klasse, Northrup ist ein exzellenter Gitarrist, und daß Johnny Edwards es nie in die erste Liga der Hardrocksänger geschafft hat, ist ehedem vollkommen unverständlich. Allerdings stemmten ja auch andere Bands wie Lion, Rough Cutt oder Hurricane mit ähnlichem Sound zur selben Zeit nicht die große Rockstar-Karriere – das blieb dann doch musikalisch weit durchschnittlicheren, aber eben vermarktbareren Bands wie Mötley Crüe vorbehalten. Dennoch, für Fans der Erwähnten gibt es hier jede Menge coolen, nostalgischen Stoff, bei dem lediglich die klanglichen Abstriche eine uneingeschränkte Empfehlung verhindern. Im Vergleich zu den Demos, die beispielsweise Enuff Z’Nuff vor Kurzem veröffentlicht haben, liegt das Material auf „Winners And Losers“ aber soundtechnisch noch deutlich vorne, Audioschrott ist das hier keinesfalls. Man hört, daß die Aufnahmen allesamt ursprünglich ziemlich professionell gemacht wurden – schade eben, daß (höchstwahrscheinlich) keine Originalmasters mehr vorhanden sind.

Für Achtziger-Experten, die sich an der Tatsache, daß die Quelle hier vermutlich eine alte MC war, nicht stören, ist „Winners And Losers“ ein echter Geheimtipp. Der Urban Myth-Status von Gypsy Soul ist damit zwar entzaubert, aber da die Band tatsächlich so gut war, wie die Legende behauptet, soll das ihr Problem nicht sein. Fein!

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