White Devil Armory
Aus irgendeinem Grund haben Overkill endlich wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Zur Millenium-Wende waren Bobby „Blitz“ Elsworth, D.D. Verni und Co. nur ein Schatten ihrer selbst. Biederer Heavy Metal regierte im Lager der New Yorker. Doch dann folgte mit jedem Album eine Steigerung, die ihrer größte Eruption im 2012er-Album „The Electric Age“ fand, das locker neben unsterblichen Klassikern wie „Taking Over“ oder „The Years of Decay“ bestehen kann. Und was soll man sagen? „White Devil Armory“ (Nuclear Blast) lässt nur wenige Wünsche offen.
Langsam öffnen sich die schweren Tore zur Waffenkammer des Weißen Teufels, in der sich wahrlich mörderisches Gerät finden lässt. Doch der Wächter muss noch überwunden werden, was angesichts seiner übermenschlichen Stärke kein leichtes Unterfangen ist. Ist der gelungene Opener hinter einem, wird einem sofort eine moderne Waffe, die einem mit viel Groove das Fleisch bis auf die Knochen weich kloppt, an die Hand gegeben. Als nächstes fällt ein Werkzeug zu Schlachten von Schweinen auf. Sehr interessant, sehr scharf! Für einen verlangsamten, aber trotzdem pochenden Herzschlag sorgen grünlich leuchtende Pillen, die im Keller der Overkills gereicht werden. Weiteren Schaden richten diese Dinger aber nicht an. Ganz im Gegenteil das anschließende fauchende Feuer, das dichte Rauchschwaden aus Mund, Ohren und Augen quellen lässt und einen rasenden Erstickungstod schenkt.
Selbst wenn das nächste Kriegsgerät von Freiheit spricht und anmutig anzuschauen ist, ist sie nicht weniger tödlich als die bisherigen, vielleicht sogar die tödlichste in der Overkillschen Waffenkammer. Der nächste Klopfer beschert uns die unausweichlich Weisheit, dass wir eines Tages sterben werden. Solange Overkill solch klasse Songs raus hauen, kann dieser Tag gerne noch lange auf sich warten lassen. Auch mit „King of the Rat Bastards“ bleiben sich die New Yorker treu, Groove trifft auf Up-tempo angefeuert durch D.D. Vernis bollernden Bass und Blitz‘ unvergleichlichem Organ.
Die Werkzeuge, deren sich „It’s all Yours“ bedient, sind dann überraschend konventionell ausgewählt. Es ist nur schwer vorzustellen, dass man sich die Weltherrschaft erschunkeln kann. Hymnisch werden wir in voller Montur aus der Waffenkammer entlassen … aber ohne noch einen gehörigen Tritt in den Allerwertesten zu kassieren. Nachdem wir uns so herrlich in todbringenden Waffen suhlen durften, ist der Schritt in den Kampf weder von wütenden Kriegsgechrei noch von wilder Angriffslust geprägt.
Wären nicht die letzen beiden Songs, dann stünde „White Devil Armory“ auf Augenhöhe mit seinem Vorgänger und somit im Armeslänge zu den Klassikern. „White Devil Armory“ ist ein gutes Overkill-Album geworden, aber einen richtigen Hit wie zum Beispiel „Electric Rattlesnake“ ist auch nach dem fünften Durchlauf nicht auszumachen. Am ehesten vielleicht noch „Armorist“. … also hoffen wir, dass Album Nummer 17 noch etwas nachreift. Diese Chance geben wir ihm auf jeden Fall.