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Twilight

Das schöne, aber eher nach Düstermucke aussehende Coverartwork von „Twilight“ (uhhh…) hat mich diesmal tatsächlich erst einmal davon abgehalten, mich mit dem bereits fünften (!) Album der UK-Progger zu beschäftigen… mein armes kleines Gehirn malte sich bereits eine Mixtur aus Lackiermichrosa, Opeth und Teenage-Glittervampir-Soundtrack aus – aber, keine Angst, lieber Hörer, Drifting Sun haben mit keiner der drei Genannten irgendwas am Hut.

Die Musik des Fünfers klingt zwar durchaus melancholisch, aber keineswegs gotisch, metallisch oder teeniekompatibel. Au contraire, mon frere, bisweilen wecken Drifting Sun sogar Erinnerungen an frühen Arena oder eben Marillion zu „Grendel“-/“Script“-/“Fugazi“-Zeiten – ohne die Giftspritzen-Elemente von Fish, dafür gemischt mit ein wenig Softrock-Flair a la Barclay James Harvest oder Supertramp ohne deren Jazzelemente. Speziell die Leadgitarren haben in ihren besten Momenten durchaus etwas vom jungen Steve Rothery, auch wenn Mathieu Spaeter noch zu oft in klischeehaftes Skalenrasen „eskaliert“. Dafür klingt Sänger Peter Falconer zwar aufs erste Hören etwas unspektakulär, aber auch über weite Strecken auf angenehme Weise unaufgesetzt und natürlich. Die gelegentlich eingesetzten Chor- und Kanon-Arrangements bieten sogar eine selten gehörte Komponente, die der Mucke gar einen erfreulich hohen Wiedererkennungswert verleiht. Okay, soundtechnisch ist „Twilight“ typisch Eigenproduktion – sauber und durchaus hörbar, aber eben hörbar semiprofessionell. Ein professioneller – oder zumindest außenstehender – Producer hätte der Band beispielsweise das Falsett-Wolfsgeheul in ‚Summer Skies‘ ausgeredet und einen lebendigeren Drumsound hingezimmert. So hört man leider, daß jedes Bandmitglied seinen Part woanders aufgenommen hat – und eben größtenteils in ihren „pads“ – sprich, zuhause am Rechner. Klar, ein Studio kostet eben ne Menge Geld, das ein Newcomer nicht immer rumliegen hat, aber es ist eben schade, wenn eine sehr talentierte Band wie Drifting Sun über solche Details stolpert, die ein unabhängiges Ohr sicherlich bemerkt hätte.

Trotzdem sollte jeder, der mit melancholischem Neoprog etwas anfangen kann, der Band eine Chance geben. In Sachen Songwriting und Performance klingt „Twilight“ nämlich absolut stimmig und liegt auch qualitativ weit über den meisten Outputs der Underground-Konkurrenten. Das mit der Produktion gibt sich dann beim nächsten Mal. Sag‘ ich mal so.

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