Twelve Bells
Ein ordentliches Mass an Schocken gehört zum Metal ja einfach dazu. Aber Sacred Oath übertreiben jetzt echt. In den ersten Sekunden glaubt man nämlich tatsächlich, das Naabtal Duo habe das Autotune entdeckt und präsentiere sein Comeback. Nee, Jungs, das ist dann doch einen Schritt zu weit.
Aber, Scherz beiseite. Über Sacred Oath hängt natürlich immer der Schatten des 1985er Debütalbums „A Crystal Vision“, dessen Mischung aus Mercyful Fate-Gitarren und Queensryche-Melodien eine der besten US-Metal-Scheiben überhaupt hervorbrachte. Leider ist davon auf „Twelve Bells“ nicht viel zu spüren. Statt an die oben genannten Helden oder den eigenen Klassiker erinnert das Songmaterial eher an die Mittneunziger -Phase von, sagen wir mal, Flotsam & Jetsam mit Alben wie „Drift“, die den Schulterschluss zwischen Traditionsmetal, Grunge-Melodien und heruntergestimmten Groove-Metal-Riffs suchten. Allerdings wird die Qualität der erwähnten Scheibe keinesfalls erreicht. Auch die Produktion ist absolut Neunziger-mäßig ausgefallen, also, staubtrocken, eher rockig als metallisch – und etwas kraftlos, ja, schlicht altbacken und verstaubt. Selbst wenn man nun mal außer Acht läßt, daß der „Keep It True“-Besucher mit der genannten Mischung eh nix anfangen kann (und, seien wir ehrlich, das ist bei Sacred Oath eben die einzig denkbare Zielgruppe), kommt eben noch dazu, daß die Songs auf „Twelve Bells“ maximal mittelmäßig ausgefallen sind. Wer sich für einen Song wie ‚Bionic‘ mit seinem superplatten Refrain oder den Versuch, in ‚Never And Forevermore‘ eine Alice In Chains-mäßige Ballade, die dann doch in Stadion-Rock-Klischees ertrinkt, begeistern soll, bleibt schwer fraglich. Immerhin, ‚Eat The Young‘ klingt mehr nach Life Of Agony als deren letztes Album, und ‚No Man’s Land‘ kommt mit einem coolen, funkigen Ugly Kid Joe-Riff – ob das aber nun ein Qualitätsmerkmal für einen Sacred Oath-Song ist, muss ein jeder mit sich selbst ausmachen.
Klar, Weiterentwicklung muss man einer jeden Band zugestehen. Umgekehrt kann man aber den Käufer nicht zwingen, alle Hakenschläge mitzumachen. Aufgrund der öden Songs und der wohl modern gemeinten, aber dank aller denkbaren Neunziger-Klischees hoffnungslos verstaubten Produktion ist jedem Fan der klassischen Sacred Oath hier eher eine deutliche Warnung auszusprechen.