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The Seed, The Vessel, The Roots And All

Es ist die Ironie dieser Zeit: New Pagans haben im vergangenen Jahr den Northern Ireland Music Prize als bester Live-Act entgegengenommen. Und können nun, da sie ihr Debütalbum veröffentlichen, nicht live spielen. Man darf aber zuversichtlich sein, dass eine Tour angesetzt wird, sobald dies möglich sein wird. Denn Frontfrau Lyndsey McDougall hat einen langen Atem. Schon als Kunststudentin wollte sie Anfang des Jahrtausends in einer Band singen. Damals hat sie nicht die richtigen Mitstreiter*innen gefunden. Und so hat es gut ein Jahrzehnt gedauert, bis sie die New Pagans zusammenbrachte.

Deren Erstling also, „The Seed, The Vessel, The Roots And All“ (Big Scary Monsters), gibt zunächst einmal eine gute musikalische Kulisse ab. Von dem Album geht ein angenehm positiver Kick aus. Die weiblichen Vocals sind expressiv, die Riffs mitunter hypnotisch. McDougall benennt ihre Einflüsse mit 90er-Jahre-Held*innen wie den Pixies oder The Smashing Pumpkins. Die Songs der Band erinnern aber vor allem an den Britrock besagter Dekade. Bands wie Sleeper krauchen da aus längst archivierten Erinnerungsschichten hervor.

In dieser Hinsicht holt „The Seed, The Vessel, The Roots And All“ also durchaus eine mittelalte Hörerschaft ab. New Pagans legen aber auch großen Wert auf ihre Botschaften. Und da wird es speziell. Die elf Songs bestehen aus einer eher heiklen Kombination von netten Melodien, aufbäumender Dynamik, skeptischer Zurückweisung und unbedingtem Empowerment. Das, worüber gesungen wird, erinnert stark an Teenagerleiden. Aber diesem Alter sind die fünf Musiker*innen schon längst entwachsen. Ihr Einstehen für feministische Themen in allen Ehren, in den Lyrics jedoch beschäftigen sie sich vor allem mit sich selbst. Im Ergebnis haben wir es mit verkopften, leicht paranoiden, oft entrückten und manchmal einfach unverständlichen Texten zu tun. Als Hörer*in muss man sich dem schon sehr nahe fühlen, um sich da wirklich reinzuknien.

Im Endeffekt wendet sich „The Seed, The Vessel, The Roots And All“ an eine ziemlich eng gefasste Zielgruppe. McDougall arbeitet viel mit Abgrenzung – bis zu einem Grad, den man eigentlich nur Teenagern verzeihen würde. Zeilen wir „Christian boys are the worst I know“ mögen im archaisch geprägten, katholischen Nordirland ihre Berechtigung haben. Einer Frau Mitte Dreißig mit derart emanzipatorischen und inklusiven Ansprüchen sollte man heutzutage aber schon zutrauen können, ein paar Schritte weiter zu sein.

Wer sich auf diese Rhetorik einlassen kann, wird sich sehr wahrscheinlich als Teil eines ausgewählten Kreises fühlen. Menschen, die anhaltend damit kämpfen, ihren Platz im Leben zu finden, sich meist unverstanden und eigentlich nur im engsten Kreis ihrer Peergroup aufgehoben fühlen, finden in New Pagans sicher ein paar gute Freunde mehr.

 

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