Gaslighter
Es ist eine Beerdigung und Auferstehung zugleich, die mit „Gaslighter“ (Sony Music) gefeiert wird. Denn erinnert sich noch jemand an The Chicks? An wen? Bis vor wenigen Tagen hieß das 1989 in der amerikanischen Metropole Dallas gegründete Damen-Trio noch Dixie Chicks, und dieser Name ist den Country-Fans durchaus noch ein Begriff, auch wenn seit dem letzten Album ganze vierzehn Jahre vergangen sind.
Der eröffnende Titelsong „Gaslighter“ beginnt mit dem typischen Satz-Gesang der drei Damen und entwickelt sich schnell zu einer eingängigen Up-Tempo-Groove-Popnummer mit Country-Wurzeln. Genaue Gründe für die Umbenennung des Trios werden übrigens nicht genannt, aber es ist davon auszugehen, dass der Begriff „Dixie“ als Synonym für die alten amerikanischen Südstaaten gestrichen wurde. The Chicks setzen damit ein Zeichen ihrer Unterstützung der aktuellen Proteste gegen Rassismus in den USA.
Musikalisch wird der vor vierzehn Jahren beschrittene Weg fortgesetzt. Die Wurzeln liegen immer noch im Bluegrass mit Country-Attitüde, die Musik wird aber zunehmend auch von Rock- und insbesondere Popanteilen dominiert. Und Balladen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist „Gaslighter“ ein überraschend ruhiges, ja sogar intimes Album geworden. Die Musik der zwölf Songs ist zurückhaltend, die Instrumentierung oft einfach und auf das Wesentliche konzentriert. Dabei setzen Streicher, Banjos, oder eine einzelne Violine immer wieder kleine, sparsame Akzente.
Vorab war schon der Song ‚March March‘ veröffentlicht worden, mit dem sich die drei Damen wieder gegen politische und soziale Missstände auflehnen. Politisch waren die Schwestern Emily Robinson und Martie Maguire und ihre Kollegin, die Sängerin Natalie Maines, schließlich schon immer, man denke nur an den Dispot mit George W. Bush im Jahre 2003 und den Boykott der Band durch viele konservative Countryfans. Sie schaffen es, die Anklagen in anspruchsvolle Songs zu verpacken. Manche davon sind leider auch ein wenig austauschbar und bleiben nicht im Gedächtnis, und hin und wieder geht es für Chicks-Verhältnisse zu sehr ab in den Pop-Mainstream. Doch unterm Strich bleibt ein gelungenes Comback, befreit vom Südstaaten-Ballast, bei dem man etwas Tempo vermisst, aber das solides Songwriting bietet und Spaß macht.