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Teide 2390

Die Titel progressiver Alben sollen den Hörer ja neugierig machen. Okay, das trifft natürlich nicht nur auf Prog zu. Aber in letzter Zeit waren insbesondere in diesem Genre einige Titel zu entdecken, die sich dem Leser nicht sofort erschlossen. So zum Beispiel Beardfish mit ihrem aktuellen Longplayer +4626-COMFORTZONE oder jetzt hier das neue Live-Album der italienischen Progger Nosound, das auf den Namen „Teide 2930“ hört. Aber das Rätsel ist schnell gelöst: Die von Pink Floyd, Brian Eno und Porcupine Tree beeinflusste Band spielte letzten Sommer auf Teneriffa auf dem Starmus Festival im 2390 Meter hoch gelegenen Teide Observatorium vor einzigartiger Kulisse. Observatorium und Höhenangabe verleihen der Aufnahme dieses Auftritts einen wunderbar mystischen Namen und machen den Hörer schon von Beginn an neugierig.

Das Starmus Festival ist eine Kombination aus Wissenschaft, Kunst und Musik, auf dem letztes Jahr u. a. als Sprecher der berühmte Physiker Stephen Hawking auftrat. Nosound passten mit ihrem komplexen und verspielten Prog-Rock bestens in dieses Ambiente. 2005 von Giancarlo Erra zunächst als Solo-Projekt entwickelt, veröffentlichten Nosound in Folge vier Studioalben, drei EPs und zwei Compilations. Mit „Teide 2390“ liegt nun das erste Live-Album vor, das von der Songauswahl her in gut 75 Minuten Laufzeit einen Querschnitt durch die bisherige Schaffensperiode der Band präsentiert. Die Soundqualität ist hierbei insbesondere für eine Live-Aufnahme sehr gut, ja nahezu perfekt. Leider wirkt der Mitschnitt dadurch auch ein wenig steril, zudem das Publikum auch nur am Ende der jeweiligen Songs sehr dezent dazugemischt wurde. Nichtsdestotrotz ist „Teide 2390“ ein wunderbares Album geworden, denn die Musik läd zum Schwärmen und Träumen ein. Die Songs sind von oben genannten Bands beeinflusst, insbesondere liegt ein Vergleich zu Pink Floyd mehr als nahe. Singende Gitarren im Stil eines David Gilmour, übereinander geschichtete Keyboardflächen, ausufernde, elegische Instrumentalpassagen. Dabei wird es durchaus progressiv, aber die Melodiösität steht ganz eindeutig immer im Vordergrund. Sphärische Klänge wechseln sich ab mit schwebenden Gitarren und geradlinigen Bassläufen ab.

Vom lässigen Opener ‚In My Fears‘ bis hin zum epischen instrumentalen Abschluß ‚The Moment She Knew‘, einer atmosphärisch dichten Perle eines Songs, den man sich auch gut von Steven Wilson oder Pink Floyd eingespielt vorstellen könnte, verzaubern Nosound das Publikum am Teide Observatorium mit 75 Minuten erstklassiger progressiver Rockmusik.

„Teide 2390“ ist als schickes Doppelalbum mit dickem Booklet und vielen Live- und Locationfotos erschienen, welche das eindrucksvolle Setting dieses Konzerts dokumentieren. Die zweite Disc kommt als DVD daher, auf der sich das komplette Konzert als hochauflösenden 5.1-Audiomix wiederfindet. Dieser Mix ist sehr gelungen, bezieht alle Lautsprecher mit ein und versetzt den Hörer perfekt mitten ins Geschehen. Zusätzlich gibt es den ersten Teil des Auftritts als Film zu sehen, wobei die Qualität dieser Aufnahmen nicht ganz mit der des Tons mithalten kann. Dazwischen geschnitten sind private Aufnahmen der Band von der Anreise per Flugzeug und unterwegs zur Location zu sehen. Was die Live-Atmosphäre und das Einfangen der Stimmung angeht, fehlt diesesm Live-Paket leider noch einiges zum perfekten Ergebnis, aber musikalisch ist die Präsentation über jeden Zweifel erhaben und bietet zudem eine gute Möglichkeit für Progger, sich einmal mit dem bisherigen Schaffen dieser außergewöhnlichen Band auseinander zu setzen.

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