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Songs

Moment mal – hat Daniel Woolhouse auf seinem ersten Album etwa gesungen? Mal kurz reingehört… ach ja. Stimmt. Fast hätten wir es vergessen. Sein neues Album lässt schon seinem Titel nach keinen Zweifel, dass sich Deptford Goth als Sänger sieht – nicht nur, aber auch. Seine Vocals thronen nicht erhaben über dem Geschehen, sondern bewegen sich auf Augenhöhe mit dem elektronisch geprägten Umfeld – fast wie eine zusätzliche Instrumentalspur, und dazu noch leicht vernuschelt. Das war schon auf seinem Debüt ‚Life After Defo‘ so und ist grundsätzlich auch auf ‚Songs‘ Programm, wenn sich Deptford Goth hier auch ein klitzekleines bisschen weiter aus seiner Synthesizer-Wolke herauslehnt. Nicht ohne triftigen Grund, denn er hat einiges zu sagen. Wer’s hören will, wird nicht überdeutlich herangewunken, sondern hat sich aus eigenem Antrieb hinzuzugesellen.

‚Love stings, everything goes‘

, konstatiert der stoische Brite in ‚The Lovers‘. Als frischgebackenem Ehemann eröffneten sich Woolhouse völlig neue Gedankenspiele. Statt sich auf Wolke 7 dem rosaroten Dunst hin- und jegliche Glaubwürdigkeit abzugeben, bringt er mit ‚Songs‘ scharfgestellte Überlegungen vor. Wer sich bindet, ist weniger allein, hat aber auch mehr zu verlieren:

‚Every new day you can set on fire everything that you own‘

, weiß Deptford Goth in ‚A Circle‘. Und:

‚Rhe rhythm of life is an irregular beat.‘

Sich solche Wahrheiten in Erinnerung zu rufen, kaum dass man verheiratet ist, zeugt von viel Sachlichkeit und wenig Romantik.

Und das trotz Eigenheim an der See.

‚Here is a place where we can grow ourselves, my love‘

, gibt sich der Musiker treu sorgend in ‚Do Exist‘.

‚If you want me, you can have me ‚til the end of time.‘

Haus, Baum, Kind. Hat Woolhouse diese Phrasen irgendwo nachgeschlagen? Liest er sie vom Teleprompter ab? Immer wieder spricht er sie sich vor, ohne mantrische Verbissenheit, vielmehr als müsse er üben, sich erst an sie gewöhnen, um ihren Bedeutungsgehalt vollständig zu erfassen. Fremdkörper Bindung. Utopie Idyll. Dass sämtliche für dieses Album erzeugte Töne – die Blockflöte am Ende von ‚Relics‘ eingeschlossen – künstlichen Ursprungs sind, aber die meisten genau dies geschickt verschleiern, passt da nur zu gut ins Bild.

Was also bleibt zu sagen über das Album mit dem vermeintlich halbherzigen Titel? Und was bleibt zu sagen über den alten Daniel Woolhouse, der sich aus der Metropole gekratzt und ins Haus am Meer verpflanzt hat, um dort bedröppelt, aber anstrengend unaufgeregt seine Eheschließung zu verarbeiten, anstatt sich genussvoll in Zweisamkeit zu suhlen? Nichts Wildes. Nur: Als wirklich förderlich hat sich die Gewichtsverlagerung hin zum Songwriter-Ansatz nicht erwiesen, so dringlich sie Deptford Goth auch erschienen sein mag. Er wäre nicht der erste, der nach seiner Hochzeit nicht an Klasse, wohl aber an Profiltiefe verlöre.

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