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Purple

Sie sind wieder da, die schweren, tiefen Riffs und der klagende Gesang. Kein Wunder, statt „Purple“ hätte genauso gut zappenduster sein können. Nur wenige Wochen nach der Veröffenlichung des musikalisch mitunter leichten, fast verspielten Doppelalbums „Yellow & Green“ verunglücken Baroness im Sommer 2012 in England schwer mit ihrem Tourbus. Der Weg zurück zur Band ist eine quälende Prüfung für Bandleader John Baizley, der mehrere Monate mit komplett zerschmettertem Arm im Krankenhaus liegt. Bassist und Drummer steigen nach dem einschneidenden Erlebnis aus der Band aus. Es galt nicht nur die körperlichen Blessuren (Blutergüsse sind lila und stellen einen durchaus gewollten Verweis auf den Albumtitel dar), sondern nicht zuletzt auch die seelischen Wunden zu verarbeiten. Ein Kraftakt. Alles zurück auf Null – und zwar in mehrerlei Hinsicht. Doch Baizley und sein Saiten-Buddy Pete Adams (der dem Tod schon als G.I. in Afghanistan ins Auge gesehen hat) berappeln sich.

Vermutlich ist „Purple“ selbst der Weg zurück für die Band. Eine wahre Wiedergeburt, aber mehr als nur depressives Wundenlecken. Sebastian Thomson am Schlagzeug Nick Jost am Bass sind die neue Hälfte der Band und haben sicher nicht nur musikalisch als Korrektiv gewirkt. Gemeinsam hat man sich auf alte Stärken besinnt. Diese neu eingeordnet und mit der Verspieltheit und der unbedingten Lust auf stilistische Grenzgänge kombiniert auf dem vierten Album zur neuen Identität der Band verdichtet. Und die Songs? Die standen und stehen bei Baroness noch immer im Zentrum. ‚Morningstar‘ füllt dem Hörer schwere Steine in die Stiefel, ‚Shock Me‘ könnte mit seinem catchy Refrain durchaus im Radio laufen und auch ‚Try To Disappear‘ schafft es, Eingängigkeit mit Schwermut und Melodik mit Schwermetall zu verbinden. ‚Fugue‘ ist ein wunderbar psychedlischer Fiebertraum und ‚Desperation Burns‘ eine vertrackte, aber sehr spannende Angelegenheit. Das vorab veröffentlichte ‚Chlorine And Wine‘ ist das beeindruckendste, eruptivste Song-Crescendo des Jahres – was für ein Bild von einem Song!

Musikalisch viel mehr an den ersten beiden Alben orientiert, fällt ein Vergleich mit „Yellow & Green“, dem bisher erfolgreichsten Album der Band schwer. „Purple“ kommt mehr aus dem Bauch und weniger aus dem Kopf als der Vorgänger – und das ist keine Kritik sondern schlicht ein wesentlicher Unterschied. Natürlich ist „Purple“ unverkennbar Baroness. Und Baroness sind „Purple“.

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