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Peace, Love & Loud Guitars

Ja, Joe Bonamassa ist auch 2018 der Überflieger schlechthin, wenn es um den Blues geht. Der Mann mit seiner unglaublichen Präsenz auf Bühnen, im Netz und bei der schlichten Menge der hochkarätigen Veröffentlichungen hat hart für den Erfolg gearbeitet und ihn verdient.

In den zweieinhalb Jahren, die (der leider immer noch) Geheimtipp Anthony Gomes seit seinem letzten, hervorragenden Bluesrock-Album „Electric Field Holler“ für seinen aktuellen Kracher „Peace, Love & Loud Guitars“ gebraucht hat, hat Bonamassa nicht weniger als sechs Alben (davon zwei Studioalben) veröffentlicht.

Und doch hat der Kanadier Gomes eine kaum weniger beeindruckend lange Karriere, Auszeichungen (zuletzt den European Blues Award 2017) und Kollaborationen mit berühmten Kollegen wie B.B. King, Walter Trout, Jonny Lang, Robert Plant und Mr. Bonamassa himself vorzuweisen. Und genau wie Bonamassa ist er ein begnadeter Songwriter, Gitarrist und Sänger. Der grosse Durchbruch lässt allerdings auf sich warten, dabei hätte der Mann mit Hut aus Toronto ihn genauso verdient. Vor allem Blues-Freunde, die ihre Musik gerne mit einem Schuss Rock versehen wissen und Gomes noch nicht bereits kennen, werden ihn vermutlich gar Bonamassa vorziehen.

Auf seinem neuen, bereits zehnten Studioalbum mit dem überaus passenden Titel „Peace, Love & Loud Guitars“ folgt der 48-jährige Kanadier unbeirrt seinem rockigen Stil, lässt aber auch seine Verehrung für den Soul besonders zur Geltung kommen. Zwölf abwechslungsreiche Songs legt Gomes vor, hochkarätig und heterogen.

‚Come Down‘ huldigt mit klassischem Blues und vibrierenden Background-Vocals Gomes persönlichem Vorbild B.B. King. Gemächlicher Groove trifft auf grandiose Gitarrensoli – was ein Auftakt. ‚White Trash Princess‘ knallt von Anfang an mit einem heavy Riff, der augenzwinkernde Text ist eine ironische Hommage an das Lebensgefühl der amerikanischen Rednecks. In ‚Blues In The First Degree‘ zeigt der Mann mit der rauchigen Stimme, was für ein kompletter Sänger er ist.

Weitere Höhepunkte auf dem an Höhepunkten reichen Album sind das komische ‚The Whiskey Made Me Do it‘ und die wunderschön-soulige Liebesballade ‚You Are Amazing‘. Der Titeltrack ist ein echter Hammer-Ohrwurm. ‚Stealin‘ From The Devil‘, ‚The Only Woman I Ever Loved‘ und ‚Hard Road Easy‘ steigern den Blues, diese wehmütige, bittersüsse Traurigkeit ins Schier unermessliche. Aber Gomes ist clever genug, sein zehntes Werk ausgeglichen genug zu produzieren, um den Hörer bei der Stange zu halten. Mit dem urkomischen ‚Your Mama Wants To Do Me‘ beispielsweise, das zudem wieder Grooves auffährt, die begeistern. Das gospelige ‚Take Me Back Home‘ beschliesst das exzellente Blues-Rock-Album, das das Potential hat, wochenlang auf dem Plattenteller zu rotieren.

Gomes zehntes Album ist ein grosser Wurf. Vielseitig, rockig, gefühlvoll und modern, ohne geschichtsvergessen zu sein. Gomes ehrt seine Vorbilder am besten, indem er seinen ganz eigenen Blues spielt. Und der ist gross.

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