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Of Beauty And Rage

Red aus der Country- und CCM-Hochburg Nashville/Tennessee haben vor gut zehn Jahren ihre musikalische Mission begonnen und mit ihren beiden ersten Alben je eine Grammy-Nominierung in der Kategorie „bestes christliches Rockmusik-Album“ erhalten. Damals ließ das gut unter dem Genre-Label „Alternative Metal meets Post-Grunge“ vermarkten. Vor allem in den USA hatte die inzwischen zu einem Trio geschrumpfte Band auch kommerziellen Erfolg als Dreingabe. Das letzte Album „Release The Panic“ erschien vor genau zwei Jahren und war zufriedenstellend, aber kein großer Wurf. Für ihr nun vorliegendes, fünftes Album „Of Beauty And Rage“ haben die drei Jungs nicht nur eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne abgeschlossen, über die das Album u.a. auch gemeinsam mit einer umfangreichen Graphic Novel verfügbar ist, in der die drei Helden das Böse bekämpfen. Vor allem haben sich Red mit diesem Album von einer Alternative Band zu einer beeindruckenden New-Prog-Band gemausert. Rückbesinnung auf die Streicherelemente vom Zweitwerk „Innocence & Instinct“, dem wohl bisher besten Album der Band, meisterhaft kombiniert mit anderen bewährten aber auch neuen Elementen ergeben einen weiterentwickelten Red-Sound. Hart haben die Jungs an „Of Beauty And Rage“ gearbeitet und es trifft wieder einmal auch objektiv zu, was beinahe jeder Musiker über sein neuestes Album sagt: Daß es das beste der bisherigen Karriere sei.

Das neue Album handle davon „… im Leiden die Schönheit zu finden“, resümiert Sänger Michael Barnes. „… und an den Härten und Prüfungen, die das Leben ausmachen, zu starken Persönlichkeiten zu reifen.“ Was grundsätzlich nach einer Binsenweisheit klingt, findet sich authentisch in Musik und Texten wieder, auch wenn die Band bei letzteren noch Spiel nach oben hat. Es ist wundervoll, wie sich die beiden Pole „Schönheit und Wut“ einerseits in bombastischen, liebevoll arrangierter Streichermusik und andererseits in derben Screams und Metal-Riffs entdecken lassen. Ohne, daß es aufgesetzt oder bemüht wirkt, sondern wie eine absolut runde Sache.

‚Impostor‘ schafft als Grundlage einen Nu-Metal-Rhythmus, dessen verzerrte Gitarren-Riffs aber beinahe von Beginn an mit Streicher- und Piano-Passagen den „Beauty“ Anteil darstellen. Beim Gesang geht die Bandbreite gar von ruhigen Passagen melancholischen Klargesang bis zu wütenden „Rage“-Metalcore-Screams, bisweilen fließend inneinander über innerhalb eines einzigen Songs. Die Melodielinien beim klaren Gesang erinnern an New-Artrock à la Muse oder Anathema, sind aber noch ein wenig knalliger, was nicht alleine an den härteren Gitarrenriffs liegt. So wie bei ‚Darkest Part‘ oder ‚Of These Chains‘, bei denen Barnes seine sanfte Stimme warme, melodische Wellen zu den Ohrmuscheln seiner Fans aussenden lässt. Kennt noch irgend jemand Morten Harket der norwegischen a-ha? Solange Barnes den gänzlich sanften Gesang mit Streichern und Klavier um die Wette streicheln lässt, erinnert seine Stimme an ihn. Bei ‚Yours Again‘ werden die Streicher von elektronischen Keyboard-Samples aufgelockert, ‚What You Keep Alive‘ spielt mit Taktwechseln und ‚Gravity Lies‘ mit Nu-Metal-Rhythmen.

Trotz der vielen unterschiedlichen Einflüsse ist dieses Album Red. So wie sie sein sollten und wohl schon immer wollten. Red haben ihr bisher bestes Album gemacht, keine Frage. Die einzelnen Elemente harmonieren auf erstaunliches Weise wundervoll und bündeln sich zu einem emotionalen, melodischen, modernen Rock-Album. Nu-Metal-Rhythmen à la Linkin Park, die Pianos von Muse, der Gesang oszilliert beeindruckend zwischen sanfter a-ha-Verbeugungen und Metalscore-Screams. Dazu noch eine Prise Bombast-Symphonic-Metal-Keyboards à la Within Temptation. Fertig! Eine Überraschung des noch jungen Jahres, vor allem nach dem eher bescheidenen Vorgänger.

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