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Naked Harp

Eines muss man Omnia lassen: Sie haben ihren eigenen Kopf. Sie tun Dinge, die normale Musiker nicht tun. Sie sind komplett anders als alle anderen. Zunächst einmal ist da die standhafte Verweigerung gegenüber der Verkleinerung ihrer Produkte der Presse gegenüber. Omnia verweigern seit jeher Promo-CDs, digitale Bemusterung oder ähnliches, das den Wert ihrer Gesamtkunstwerke schmälern könnte. Anstelle dessen bekommt man immer und ausschließlich das komplett fertige Endprodukt. Chapeau! Das mag für den Leser zwar nur bedingt von Interesse sein, zeigt aber das ganz ganz große Herz, den Enthusiasmus und die vollkommene Überzeugung der Band, dass die Dinge die sie tun, richtig sind. Sie sind stolz. Und das ist großartig.

Eines der zentralen Elemente Omnias war schon immer die Harfe. Und das ist für den einen oder anderen eine Zerreißprobe, denn Harfe ist – wie zum Beispiel auch Dudelsack oder Quetschkommode – vor allem eines: Geschmackssache.

Nun hat Jenny unter dem Bandnamen ein reines Harfenalbum veröffentlicht. Alle Stücke sind Eigenkompositionen oder Versionen von alten Volksliedern und komplett ohne Gesang. Zunächst einmal fällt auf, dass Jenny die Fähigkeit hätte, in jedem einzelnen noch so großen und berühmten Orchester mitzuspielen – ihre technischen Fähigkeiten sind absolut herausragend.

Wer aber den Klang von Harfe von vorneherein nicht mag, kann dieses Album getrost sofort vergessen. Wer offen ist für diese Form der zerbrechlichen, ätherischen Klänge, der wird hier mehr als belohnt. Die Stücke sind natürlich größtenteils eher tragend, feingliedrig und sanft, auch wenn das eine oder andere Stück versucht, ein bisschen Lebhaftigkeit zu transportieren. Über allem schwebt ein zentrales Element: der Kitsch. Es gab und gibt keine Band auf der Welt, die das, was gemeinhein gern als „Kitsch“ abgetan wird, so voller Inbrunst, voller Überzeugung und voller Ernst zelebrieren wie Omnia. Das beginnt bei der Liebesgeschichte der beiden hauptsächlichen Bandmitglieder, geht weiter mit der Vergötterung von Mutter Natur und findet sich natürlich auch sonst überall in der Musik, vom Text bis zu den Melodien. Die manchmal fast naiv wirkende positive Denkweise ist so stark, so intensiv und so vereinnehmend, das man dafür Bewunderung verspürt. Man merkt möglicherweise, wie schwer es ist, die passenden Worte zu finden, um diese Weltsicht in Worte zu fassen, da dieser unerschütterliche Glaube an das Gute und Schöne in der Welt heutzutage so selten geworden ist.

Insbesondere in der dunklen Jahreszeit ist dies ein notwendiges, tolles und wunderschönes schönes Album für all jene, die für Romantik und Kitsch noch ein offenes Ohr haben. An alle, die genug Fantasie besitzen und in der Hobbit/Herr Der Ringe-Verfilmung die bildliche Urgewalt, mit der Rivendell dargestellt wurde, den dunklen Höhlen von Moria vorziehen: Das ist euer Album!

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