Lone/Grey

Das waren noch Zeiten, als man Subkulturen und ihre Musikstile noch auseinanderhalten konnte. Momentan fließt in vielen Sparten alles bunt ineinander über, was neben mancher Peinlichkeit aber auch gutes Material hervorgebracht hat. Das US-Trio Comrades hat sich im eher schwammig definierten Genre des Post-Rock eingenistet und treibt dieses Konzept im vorliegenden neuen Album in eine eigene Richtung.

Was dieser Post-Rock nun eigentlich sein soll, weiß keiner so genau. An Stromgitarren mangelt es in diesem Fall definitiv nicht. Nach einem atmosphärischen Intro mit Backgroundvocals und Geschrei donnern schon im ersten Titel ‚In The Whisper, In The Gale‘ die Riffs auf den Hörer ein, wie es auch mancher Hardcoreband gut stehen würde. Dazwischen streut Bassistin Laua McElroy zarten Gesang, der in spannendem Kontrast zu den härteren Klängen steht.

Es bleibt also nie bei sturem Drauflosgedresche, man nimmt sich vielmehr immer wieder die Zeit um mitten in eigentlich ziemlich flotten Stücken in melodischen Bridges zu schwelgen, die trotz aller plötzlichen Härte ihre Berechtigung haben. Ja, andere haben das auch schon gemacht, allerdings selten derart emotional intensiv.

‚Synchronous‘ und ‚Shepherd’s Hymn‘ machen die Mitte des Albums etwas ruhiger, bevor die Truppe am Ende nochmal richtig loslegt. Im Vergleich zur ersten Hälfte taucht zwar manches Gewohnte wieder auf, insgesamt sind viele der Titel aber deutlich aggressiver. Vor allem ‚Brother(less)‘ macht keinerlei Kompromisse sondern kommt wie ein wilde Mischung aus Metalcorereißer und Ambientballade daher, ohne jemals langweilig oder bemüht zu klingen.

Fazit: Auch wenn Comrades immer wieder kräftig auf die Bremse treten, richtig Fahrt verliert ihr Labeldebüt nie. Fans der ganz harten Klänge werden vielleicht nicht alles tolerieren, was die Band ausprobiert, doch Liebhaber in sich ruhender Musik kommen auf ihre Kosten.

(geschrieben von Michael Seiler)

DanielF

Harte Schale, weicher Kern. Chefredakteur und -metalhead in Personalunion und im "Nebenberuf" Sozialarbeiter, geht Daniels Geschmack von chilligem Americana (Cracker) bis zu kauzigem Indie-Rock (Eels), von klassischem Thrash (Metallica, Megadeth) bis modernem Death Metal (Deserted Fear), von opulent-schrägem Prog-Rock (Opeth, Gojira, Pervy Perkin) bis zu heftigstem Brutal Death Metal (Defeated Sanity, Wormed), von Bluesrock (Gary Moore, Anthony Gomes) bis Classic Rock (Alice Cooper, Queen) - um nur einen Teil zu nennen. Zudem hat er seit den frühen Neunziger Jahren ein leidenschafliches Faible für christliche Rockmusik in genau dieser stilistischen Bandbreite. 

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