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Lights Of Change – Live In Europe 2018

Es ist kaum zu glauben, aber offensichtlich hat immer noch keines der einschlägigen Prog-Labels es geschafft, die Australier Anubis unter Vertrag zu nehmen. Spätestens mit ihrem vierten Studioalbum „The Second Hand“ haben sich Anubis nämlich als eine der interessantesten und qualitativ wertigsten Bands des modernen Prog etabliert. Die Mixtur aus modernem Artrock mit Anleihen an Muse oder Placebo und einer guten Schippe Neo-Prog im Sinne von neueren IQ ist sozusagen „the best of both worlds“ und schon alleine deshalb mit viel Potenzial für ein größeres Publikum ausgestattet. Dass sie mit besagtem großem Publikum keinerlei Probleme haben, konnten Anubis auch bei der letztjährigen Night Of The Prog unter Beweis stellen – für all die, die da nicht live dabei sein konnten, bildet ein Mitschnitt des Loreley-Auftritt nun die eine Hälfte des aktuellen Livealbums „Lights Of Change“.

Vom Debüt gibt es das Epos ‚Disinfected And Abused‘, von „Hitchhiking To Byzantium“ ‚Dead Trees‘ und ‚Silent Wandering Ghosts‘, und das großartige „The Second Hand“ ist mit ‚Fool’s Gold‘, ‚These Changing Seasons Part III‘ und dem Siebzehnminüter ‚Pages Of Stone‘ vertreten – letzteres selbstbewusst gleich als Opener gespielt. Da auf der Loreley aus Zeitgründen nichts vom „A Tower Of Silence“-Album gespielt wurde, packte die Band auf Disc 2 gleich eine Liveversion des komplette Konzeptalbums in voller Länge. Mitgeschnitten wurde hierfür als Kontrast zur großen Festivalbühne ein intimes Clubkonzert in Nieuwerkerk in Holland. Die Band überzeugt fraglos in beiden Situationen, und musikalische Durchhänger gibt’s auch keine. Die großartigen, elegischen Gitarrensoli funktionieren live genauso prächtig wie die emotionalen Vocals von Band-Geheimwaffe Robert James Moulding. Der greift an einigen Stellen auch noch zur dritten (!) Gitarre, und fast die komplete Band steuert Backing Vocals bei, so dass die atmosphärisch dichten Songs auch live ohne Abstriche umgesetzt werden können. Die Mellotron-Klänge dürften zwar eher dem Synthesizer entstammen – wer will so ein 150-Kilo-Teil schon auf Tour rumschleppen! – das macht aber für’s Gänsehautflair keinerlei Unterschied.

„Lights Of Change“ bietet Interessierten also einen guten Überblick über den Ist-Zustand im Haus Anubis (sorry, konnte nicht widerstehen) und existierenden Fans eine kompakte Best-Of-Sammlung. Der Sound klingt sauber und plastisch, aber erfreulich unbearbeitet, inklusive ein paar schiefer Töne. Die stören aber kein bisschen und machen die Sache noch dazu höchst sympathisch – live ist eben live. Die Performance auf der Loreley wirkt insgesamt etwas energiegeladener und abwechslungsreicher, klar, treffen hier doch alte und neue Songs aufeinander. Zwischen dem noch relativ IQ-lastigen ‚Disinfected And Abused‘ und dem absolut modern klingenden, aber fraglos der selbe DNA verpflichteten ‚Fool’s Gold‘ kann man die Weiterentwicklung der Band wunderbar nachhören. „A Tower Of Silence“ folgt natürlich der Dynamik des Albums und ist insgesamt getragener und atmosphärischer. Was man davon bevorzugt, ist Geschmackssache, großes Kino ist beides.

Also, liebe Progger, solltet Ihr Anubis immer noch nicht auf dem Schirm haben, hier ist ein guter Einstieg. In absehbarer Zeit werden die Jungs nämlich mit Sicherheit auch kommerziell in die Champions League des Prog einsteigen, und dann könnt Ihr smug-as-fuck behaupten, sie schon gekannt zu haben, bevor sie bekannt wurden… Zu beziehen ist das Album – wie fast der komplette Anubis-Backkatalog – bei den Import-Spezis von Just For Kicks.

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