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Hushed & Grim

Zwanzig Jahre Bandgeschichte haben Mastodon inzwischen auf dem Buckel. Nach jeder Menge journalistischer Lorbeeren und einer wachsenden Fangemeinde markierte „Emperor of Sand“ von 2017 den vorläufigen Höhepunkt der Populraität der Band. Das erste Mal war die Gruppe aus Atlanta auch in Deutschland in den Top 10 der Album-Charts. Und für den Titel „Sultan’s Curse“ gab es endlich den lange überfälligen Grammy. Nun folgt viereinhalb Jahre und eine weltweite Pandemie später das erste Doppelalbum der Bandgeschichte. Entsprechend hat das Studioalbum Nummer 8 mit dem Titel „Hushed & Grim“ (Reprise Records) auch eine beeindruckende Laufzeit von rund 90 Minuten. Das ist für Fans der Band erfreulich, für Neulinge im Universum der Band aber anspruchsvoll. Denn Mastodon machen keine harte Musik für Jedermann.

Das Opus beginnt mit „Pain With An Anchor“ und einem beeindruckenden Trommelwirbel. Drummer Bran Dailors Stil ist genauso unverkennbar wie der sich mal abwechselnde, mal vereinende Gesang von Troy Sanders und Brent Hinds. Letzterer sorgt mit seinem rauhen Organ dafür, daß der ein oder andere Hörer kurz an Lemmy denken dürfte. „Sickle and Peace“ leitet ein mit ruhigem Gesang und einer zurückhaltenden, arhythmischen Melodie, die vor allem von der Gitarre getragen wird. Es ist alles da, was Mastodon ausmacht.

Die beklemmenden Harmonien wie bei „The Crux“. Schaurige, beinahe gruselige Atmosphäre bei „Dagger“. Atemlose, in Noten gegossene Wut bei „Savage Lands“. „Sickle and Peace“ steht im 7/8-Takt und damit für die progressiven Elemente des originellen Quartetts. „Teardinker“ spielt mit berauschenden Crescendi, Eruptionen der Trauer. „Eyes of Serpents“ ist ein emotional-melodisches Juwel mit einem dissonant-überbordenden Gitarren-Solo. Und natürlich gibt es Tonnen von Riffs – gnadenlos und genial unter anderem bei „More Than I Could Chew“.

Doch die Band hat sich bei aller künstlerischer Innovation und musikalischer Meisterhaftigkeit auch entwickelt und schlägt an mancher Stelle ungewohnte, neue Töne an. Das verträumte, melancholische „The Beast“ hat keine Iron-Maiden-Anklänge, sondern erinnert an 90er-Grunge-Bands wie Pearl Jam oder Alice in Chains. „Skeleton of Splendor“ geht in eine ähnliche Richtung, ist aber deutlich eingängiger und melodiöser. Auch „Had It All“ qualifiziert sich als Ballade. Das ist sehr untypisch für die Band, auch wenn jeder Song 100% ihre Handschrift trägt. Es ist offensichtlich, daß der Tod des Bandmanagers und engen Freundes Nick John 2018 das Songwriting sehr stark geprägt hat. „Gobblers of Dregs“ ist der längste Song und ein Monster aus schleppenden Doom-Elementen und irre innovativem Drumming. Und das abschließende „Gigantium“ schließlich ist eine echte Stadion-Hymne im Stil der Band. Dem typischen Mastodon-Wahnsinn eben!

Wer leicht verdauliche, eingängige Stromgitarren-Mucke will, muss zu AC/DC, Volbeat oder Sabaton greifen. „Hushed & Grim“ ist mit seinen fünfzehn Songs sowohl quantitativ als auch qualitativ ein herausforderndes Album und sperriger als die beiden Vorgänger. Andererseits gibt es keine Band, die so klingt wie Mastodon! Wer sich auf den Marathon aus Power-Riffs und betörendem Gesang einlässt, wird mit einem akustischen Abenteuer in Spielfilmlänge belohnt.

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