L-1VE

Zum zehnten Bandjubiläum gibt’s nun auch von Haken endlich ein Livealbum. Dabei haben sich die Briten nicht lumpen lassen und spendieren dem Proghead gleich zwei DVDs und zwei Audio-CDs zum Preis eines regulären Albums. Value for money ist also auf jeden Fall gegeben – aber taugt auch der Inhalt?

Eigentlich eine saublöde Frage, denn nicht umsonst sind Haken im Progmetal derzeit die große Konsensband. Keine Konkurrenz hat es in den letzten Jahren geschafft, den Schulterschluss zwischen traditionellem Progmetal a la Dream Theater, dem Muse-beeinflussten New Artrock sowie alternativ angehauchten Depri-Sounds Marke Riverside oder Tool und gelegentlichen Ausflügen in die extremeren Bereiche des Genres so überzeugend und vor allem natürlich darzustellen wie Haken. Das zeigt sich auch in den Livequalitäten der Band, denn wo viele Progger daran scheitern, die Faszination der Studioalben in der Konzertsituation umzusetzen, klingt das Material auch auf „L-1VE“ exzellent. Ob komplexe Breakmassaker, die faszinierenden Harmoniegesänge, die atmosphärischen Space-Parts oder die jederzeit souveränen und gefühlvollen Leadvocals von Ross Jennings von Falsett-Engelsstimme bis Todesgeröchel, alles ohne Abstriche auch live auf höchstem Niveau. Die Setlist besteht auf den ersten Blick hauptsächlich aus den Songs der letzten beiden Alben. Aber: von „Visions“ gibt’s den 23minütigen Titeltrack, und auch aus „Aquarius“ wird ein 25minütiges Medley dargeboten. Somit hält sich das Ganze eigentlich doch ziemlich die Waage und geht als gute Best-Of-Auswahl durch. Mit einer Stunde und 55 Minuten Spielzeit wird man auch quantitativ durchaus ordentlich bedient, gerade, wo viele Genrekollegen 80 Minuten für eine akzeptable Headliner-Spielzeit halten. Auf der zweiten DVD gibt’s dann noch vier nicht im Hauptset enthaltene Songs vom „Progpower 2016“, die zusammen nochmal 48 Minuten Spielzeit draufpacken und die drei Videoclips zum „Affinity“-Album.

Optisch muss man sich freilich darauf einstellen, dass Haken hier keine aufwändige Stadion-Pompshow abgefilmt haben, sondern einen ganz regulären Clubgig im Proggern bestimmt bereits bekannten „Melkweg“ in Amsterdam. Da Haken auch optisch nicht unbedingt zu den explosivsten Performern gehören, ist die DVD visuell eher ein entspannter Genuss. Da passt auch der unaufgeregte Schnitt perfekt dazu. Okay, ein paar mehr close-ups hätten es durchaus sein dürfen, aber bei Haken steht eben konsequent die Musik im Vordergrund. Und die ist absolut großartig, auch auf diesem Livemitschnitt. Fans müssen das Ding eh haben, und auch allen, die bislang noch nicht das Vergnügen hatten serviert „L-1VE“ den Beweis, dass Haken (mit Leprous zusammen) einfach das Beste sind, was im Progmetal derzeit aktiv ist.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar