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Home Invasion – Live At The Royal Albert Hall

Drei komplett ausverkaufte Konzert in der Royal Albert Hall im Herzen Londons konnte Steven Wilson im März 2018 für sich verbuchen. Drei Shows, die er als „Jubiläumsshows“ ankündigte und von denen er die letzte auch für einen DVD/-BluRay-Release mitschneiden ließ. Das Endresultat liegt nun unter dem Titel „Home Invasion – In Concert At The Royal Albert Hall“ vor.

Beim Blick auf die Setlist fragt man sich unweigerlich, was daran nun so Jubiläumsfeier-mäßig sein soll, handelt es sich dabei doch im Prinzip um genau die Setlist, die Wilson auf der „To The Bone“-Tour jeden Abend darbot. Das liegt daran, dass Wilson eben nicht die Show vom zweiten Abend, die tatsächlich mit Live-Raritäten und jeder Menge Gäste gespickt war, aufzeichnete. Aber auch die reguläre Tour-Setlist bietet eine Menge Vergnügen, weshalb „Home Invasion“ (natürlich) trotzdem eine ziemlich knorke Sache geworden ist und insgesamt auch für Neueinsteiger in die Materie taugt. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem „To The Bone“-Album, das bis auf den Titelsong komplett über den Set verteilt ist, dazu gibt’s noch ein paar Highlights vom Vorgänger „Hand.Cannot.Erase.“ und ein paar Songs aus der Gavin-Harrison-Phase von Porcupine Tree. Die sperrigen, siebzigerlastigen Stücke der vorangegangenen Soloscheiben bleiben mit Ausnahme des Schlußsongs ‚The Raven That Refused To Sing‘ ebenso außen vor wie ältere Porcupine Tree-Klassiker, die lediglich von einer kurzen Solo-Version von ‚Even Less‘ vertreten werden. Der Sound ist wenig überraschend absolut vom Feinsten, und auch das Bildmaterial kann überzeugen. Mancher Fan mag sich an den diversen Effekten, Einspielern und Splitscreens vielleicht stören, aber dem Unterhaltungswert von „Home Invasion“ sind diese eher zuträglich, vor allem, weil sie sich immer in die Atmosphäre des Songs einfügen und nicht zum Selbstzweck verkommen.

Muss man zu den Musikern überhaupt noch etwas sagen? Nick Beggs (bs) und Craig Blundell (dr) legen ein grundsolides Fundament und grooven auch in den frickeligsten Momenten noch so locker, das es eine wahre Freude ist. Alex Hutchings (gtr) passt meines Erachtens nach viel besser in Wilsons Band als Guthrie Govan, der für meinen Geschmack ein wenig zu sehr dazu tendierte, sich in den Vordergrund zu dudeln – Hutchings sorgt für ähnliches Gänsehautfeeling, arbeitet aber deutlich banddienlicher. Das passt natürlich auch exzellent zu den weniger „flashigen“ Songs des letzten Albums. Abgerundet wird die Band von Keyboard-Meister Adam Holzman, der dann doch immer wieder ein leicht jazziges Flair in seinem Spiel unterbringt. Der Boss selbst zeigt sich, wie in den letzten Jahren gewohnt, als souveräner Ringmeister, der mittlerweile sogar mit fester Stimme zu seinen Minions vor der Bühne spricht. Schön, das er auch ein paar Gitarrenparts wieder selbst übernimmt – Wilson ist als Gitarrist einfach kolossal unterschätzt. Auch gesanglich zeigt er sich weitestgehend von seiner besten Seite, die Falsettstimme bei ‚Permanating‘ (visuell von Bollywood-Tänzerinnen unterstützt) sitzt perfekt, nur beim kraftvolleren und aggressiven Singen schwächelt er weiterhin – das liegt ihm einfach nicht und klingt wahlweise aufgesetzt oder nach heißer Kartoffel, nachzuhören in ‚Sleep Together‘ – wobei es dem Verfasser dieser Zeilen ehedem unverständlich ist, warum Wilson live ausgerechnet an diesem eher platten Stück von „Fear Of A Blank Planet“ festhält. Geschmackssache! Was freilich keine Geschmackssache darstellt, ist die einmal mehr großartige Ninet Tayeb, die bei jedem ihrer Gastauftritte für maximale Gänsehaut sorgt und den Hauptamtlichen beinahe die Show stiehlt. Wer bei ‚Blank Tapes‘ nicht ehrfürchtig niederknien möchte, sollte definitiv sein Gehör untersuchen lassen.

Auch wenn „Home Invasion“ nicht unbedingt die „Greatest Hits“-Jubiläumskiste geworden ist, die viele Fans erwartet hatten, ist es natürlich dennoch ein Muss für alle Wilson-Fans geworden. Nur das Bonusmaterial mit drei Songs vom Soundcheck und ein paar kurzen Interviewschnipseln ist etwas enttäuschend. Das drückt aber auch keinesfalls die Wertung, denn es ist, was es ist – ein Bonus. Das Hauptgericht schmeckt aber derart überzeugend, dass ich auf einen Keks zum Nachtisch gerne verzichten kann.

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