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Frame By Frame

Digger Barnes beweist auch mit seinem dritten Album seine Ausnahmestellung als Anführer der Geschichtenerzähler des Americana.

Zwar fehlen mittlerweile die echten, düsteren Mörderballaden wie „Jim“, aber nichtsdestotrotz ist Digger Barnes auch auf „Frame By Frame“ immer noch der absoluter Meister der Loser, der König der Verlierer, der Verteidiger der Namenlosen. Er erzählt die Geschichten derjenigen, die sonst niemanden interessieren. Sei es der Streuner, der Vagabund, der Anhalter, der Truckfahrer, oder auch der Automechaniker Hank.

Er erzählt von verlorener Liebe, von zerstörten Träumen, von den Außenseitern, den Ausgestoßenen. Zwischendurch werden die melancholischen Meisterwerke immer wieder durch meist kurze Aufheiterungen erhellt, Gassenhauer ist dafür tatsächlich das richtige Wort. Aber im großen und Ganzen ist das Leben in Digger Barnes Alben ein Tragisches.

„Keep On Walking Through the Rain / and learn to live with all the troubles / embrace the darkness like an good old friend / don’t expect the story with an happy End.“

Es ist immer der lange Weg nach Hause. Und für Digger Barnes und seine Gestalten vom Rand der Gesellschaft ist dieser Weg nach Hause nie zu Ende. Sie leben auf den Straßen, an den Straßen, neben den Straßen, und es sind nicht die Hauptstraßen.

Wenn man die Liebe mal gefunden hat – in Rio, in Genf – dann verliert man sie an das Kokain oder den Gin („Winner & Loser“), vielleicht auch an den Konkurrenten oder aber die vergehende Zeit die alles zerstört („Two Ringing Ears“: „

All that you left me was a bag of sorrow / and all you left me was a million tears…..and Two Ringing Ears

“). Die Musik ist zurückgenommen, organisch, weich, wunderschön. Digger Barnes nutzt neben Banjo, Gitarre, Pedal Steel und Klavier unter anderem ein Instrumente das üblicherweise für Belanglosigkeit schlechthin steht – das Vibraphon – und macht aus ihm pure Tragik.

Sein größter Trumpf ist aber seine Stimme – eine der grandiosesten Gesangsstimmen die im Augenblick unterwegs ist – dunkel, warm, weich, nicht zu tief, mit einer Melancholie und einem zerbrechlichen Timbre, das Berge zum Weinen bringen kann. Selbst wenn die Zutaten eher heiterer Natur sind, die Rhythmen eher lässiger Countrystruktur folgen („Dangerous Man“) bleibt immer Zeit für einen Ausschlag auf der Melancholieskala nach unten. „

Just one thought was running through my head: Dig on deep, dig on deeper than deep, but don’t wake up the dead. For 15 years I heard the angels singing, but I thought that they were wrong

“ („15 Years“).

Digger Barnes lebt übrigens seit Jahren in Hamburg – unfassbar, dass ein Künstler eine ganze Kultur, einen ganzen Kontinent mit solch simplen Mitteln in Worte und Klang fasst, obwohl er am anderen Ende der Welt sitzt. The Winner and The Loser are twins? Dann kann man nur hoffen, dass Digger Barnes ein Einzelkind ist – denn er steht klar und eindeutig als Gewinner auf der Seite der Verlierer.

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