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FEINE SAHNE FISCHFILET – Alles glänzt

Was ist nicht alles seit dem bisher letzten Album „Sturm & Dreck“ bei Feine Sahne Fischfilet passiert? Damit ist nicht nur das Durchstehen der Corona-Pandemie gemeint, denn es geschah eine Menge mehr: Mit „Wildes Herz“ wurde eine Band-Dokumentation veröffentlicht, Sänger Monchi verlor viel Körpermasse und schrieb darüber ein Buch, während er gleichzeitig von einer anonymen Internetseite des Missbrauchs ohne Angabe zu Ort, Tat oder Zeit beschuldigt wurde. Deswegen stufte das Landgericht Stralsund die Vorwürfe mittlerweile als Verleumdung ein. Außerdem verließen mit Gitarrist Christoph und Trompeter Jacobus zwei der Hauptsongwriter mit viel Getöse und Schlammschlacht die Band. Lange wussten die verbliebenen Mitglieder nicht, wie es weitergehen sollte. Doch in Hauke Segert (Gitarre) und Max Bobzin (Trompete) konnte Ersatz gefunden werden, der nach eigenen Angaben auch menschlich bestens passt, nachdem dies bei einer Reise zu einem Konzert der Hardcore-Truppe von Turnstile in London auf die Probe gestellt wurde. Trotzdem stellt sich die Frage: Wie geht es musikalisch weiter? Antworten liefert das Quintett auf „Alles glänzt“ (Plattenweg Tonträger).

Der erste Longplayer nach fünf Jahren macht trotz all der Geschehnisse klar, wo Feine Sahne Fischfilet stehen. Ein Großteil der Tracks wie beispielsweise „Kiddies im Block“, „Wenn’s morgen vorbei ist“, „Komm mit aufs Boot“ oder „Gib mir mehr“ sind eingängige und melodische Gute-Laune-Punkrocknummern zum Mitgröhlen. Alle bekannten Trademarks stehen trotz der Besetzungswechsel weiterhin im Mittelpunkt. Trotzdem gibt es einige kleine Neuigkeiten: In erster Linie das Tempo. Die aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Truppe nimmt sich im Gegensatz zum Vorgänger fast keine Zeit für Verschnaufpausen. Die Lieder sind alle eher flottere Vollgasnummern. Die Trompete rückt zudem etwas mehr in den Mittelpunkt als bisher und kleine Feinheiten bei der Gitarrenarbeit machen auch bei mehrmaligem Hören Spaß. Am auffälligsten ist jedoch der Gesang. Dieser ist so klar und melodisch wie bisher noch nie. Der Gesangsunterricht von Sänger Monchi scheint Wirkung zu zeigen. Es erinnert ein bisschen an die Entwicklung von Samy Amara von den Broilers: vom rauen Stimmchen zum Goldkehlchen.
Die deutlichste musikalische Weiterentwicklung ist jedoch bei „Diese eine Liebe“, „Tut mir Leid“ und „Freaks dieser Stadt“ zu hören. Alle drei Songs weisen einen Indie-Rock-Touch auf, der Gedanken an die Kollegen von Kraftklub aufkommen lässt.

Textlich haben sich Feine Sahne Fischfilet keineswegs verändert. Die Themen reichen von harmlosem Lokalpatriotismus („Komm mit aufs Boot“), über Selbstabfeierei „Wenn’s morgen vorbei ist“ bis hin zu Politik und Gesellschaftskritik (z. B. „Kiddies im Block“, „Angst zu erfrieren“, „Gib mir mehr“). Beeindruckend kommen die Lyrics von „Wenn wir uns sehen“ daher. Hier werden die emotionalen Zustände des Band-Freundes und Kapitäns Dariush Beigui verarbeitet, der als Seenotretter Geflüchtete gerettet hatte und dafür angeklagt wurde.

Nach allem was bei Feine Sahne Fischfilet passiert ist, kann „Alles glänzt“ als kleines Comeback gesehen werden, welches ihnen mehr als nur gelingt. Sie liefern eine der besten Platte ihrer Bandkarriere ab und zeigen dabei neue Nuancen, die sie musikalisch und textlich gereift wirken lassen.

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