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Evropi

Ein Pop-Album über Europa? Zu einem Zeitpunkt, zu dem Europa an allen Ecken und Enden zusammenstürzt? Was mögen nur Daniel Benjamin und seine griechische Frau Eleni Zafiriadou dabei im Hinterkopf gehabt haben? Die Antwort ist so simpel wie charmant: Sea + Air waren drei Jahre lang auf Tour durch ganz Europa und gerade Zafiriadou hat als Griechin einiges zum Thema zu sagen. Ihr Ehemann Daniel war sich nicht sicher, ob das Album nicht zu schwer, zu gegensätzlich werden würde.

„Auf einer solchen Reise die verschiedenen Gesichter Europas aus der Nähe zu betrachten und sich selbst überall wiederzuentdecken, erschafft eine eigenartige Spannung. Ebenso wie die Dunkelheit der Vergangenheit gegen das Licht einer möglichen Zukunft kämpft, bringen die auf dieser Tour erlebten Emotionen eine positive, innere Unruhe für das neue Album. Wir mussten uns selbst fragen: Kann man das bringen?“

Man kann. Und sie haben. Ohne nennswerte technische Hilfsmittel auf Tour komponiert, haben nur die stärksten Songideen bestanden und den Weg auf „Evropi“ gefunden. Die Grundidee „Europa“ fließt durch alle Songs, die dementsprechend neben bereits vom Debüt bekannten poppigen und klassischen Stilelementen auch stark von folkloristischen Klängen geprägt ist. Traditionelle griechische Instrumente wie Lyra oder Bouzouki kommen zum Einsatz, aber natürlich auch Schlagzeug und Gitarren von Benjamin und das Cembalo von Zafiriadou. Schlüssigerweise ist das neue Album bei den Eindrücken der Europatour nachdenklicher und melancholischer ausgefallen, wenn auch nicht gänzlich. Die Musiker haben auf ihrer ausgedehnten Tour teils hautnah Unruhen in Portugal und der Ukraine miterlebt. Auf ‚We Understand You‘ signalisieren die Künstler Solidarität mit den Drangsalierten, Benachteiligten und Armen. Doch nur schon die Songtitel der meisten anderen Songs sprechen diese Sprache.

Die ausgefallenen Songs erinnern mal an Beck, ein anderes mal an Depeche Mode – und doch hat das junge deutsch-griechische Ehepaar seinen ganz eigenen Stil weiter verfeinert. „Ghost Pop“ nennen Sea + Air ihre Musik, und irgendwie passt das. ‚Lady Evropi‘ hat einen träumerisch-orchestralen Vibe, ‚Pain Is Just A Cloud‘ ebenfalls. Ruhig und getragen sind die Songs, und doch vermitteln sie auch immer eine Prise Hoffnung in ihren Klängen und Texten. So wie die launig-poppige Nummer ‚Peace Begins At Home‘ oder das großartige ‚Should I Care‘ dessen Refrain einem tagelang nachläuft. Popmusik muss nicht bedeutungslos sein. Die Botschaft von Sea + Air kommt rüber, ganz ohne prätentiös zu sein. Inhaltlich und musikalisch. Danke!

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