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Elephant Terrible

Es sieht gut aus für The Boys You Know. Zumindest für ihr Wohlbefinden. Offenbar ist man dabei, das Gefühl des Verlorenseins, das ‚Purple Lips‘ (2014) geprägt hat, zu überwinden. Mit ihm lässt man los vom ausgeprägten Hang zum 90er-Jahre-Grunge. Glückwunsch, mit nur 16 Jahren Verspätung ist die Band aus Österreich im nächsten Jahrtausend angekommen.

Und das bedeutet für ‚Elephant Terrible‘ raus aus dem Keller, rein in den gediegenen Musiker-Reigen. Das steigert das Selbstbewusstsein, und folgerichtig hat die Band, genauer Gitarrist Mathias Kollos die Produktion ihres dritten Albums nun selbst in die Hand genommen. Ob das die richtige Entscheidung war, kann heiß diskutiert werden. Wovon man jedenfalls ausgehen kann, ist die tiefe Kenntnis der Songs, ihrer Hintergründe und Stimmungen, mit denen Kollos sie bearbeitet und damit wohl am genausten ihre Intentionen herausgestellt hat.

Im Gegensatz zum Vorgänger ‚Purple Lips‘ geht es auf dem Album nun also ein wenig moderner zu, reflektierter, konventioneller. Wieviel Anteil daran der Weggang von der einzigen Frau in der Band (Bassistin Sophie Schmidbauer) hat, bleibt Spekulation. Jedenfalls ist ‚Elephant Terrible‘ weniger rebellisch, schrammelig und laut. Sein Sound ist viel klarer, und so wohl auch die gesamte Vision: Man traut sich mehr in punkto Arrangements.

Um sich derart weiterzuentwickelt, hat die Band ihr Line-up mit einen Trompeter und einem Keyboarder angereichert. Diese Neuzugänge sind deutlich zu vernehmen, im Titeltrack etwa. Oder in ‚Rainy Days‘, dem die jazzige Trompete wunderbar ansteht. Nur hin und wieder erkennt man früher gepflegte Genrespezifika, kann man maximal von einer flockigen Grunge-Variante sprechen. Die Gitarrensoli sind es, was aus dem kompakten Band-Sound heraussticht und an die beiden bisherigen Alben anknüpfen. Im Ganzen ist das Album in unaufgeregtem Lo-Fi gehalten mit einem hörbaren Faible für Easy Listening. The Boys You Know des Jahres 2016 haben den Dreck aus ihren Songs entfernt und machen Musik, die kaum noch unangenehme Feelings heraufbeschwört. Sie geht die Dinge eher zögerlich an, hat dabei aber trotzdem einen schönen Flow.

Diesen introvertierten Sound – gemacht

‚for rainy saturdays‘

– kann man nun als Erwachsenwerden interpretieren und als gesteigerte Ambitionen gereifter Jung-Musiker. Oder aber als Ergebnis ihres Erfolges, jetzt einfach mehr Möglichkeiten zur Verfügung zu haben. Darin liegt bekanntermaßen oftmals die Krux, mit denen aufstrebende Bands zu kämpfen haben. Und tatsächlich wirkt das ‚You!‘ in ‚Morals‘ etwas zu herzzerreißend, das Gitarrensolo zu konventionell. ‚The Change generell zu eingängig geraten und mit der abschließenden Ballade ‚I Should Have‘ möchte man gänzlich den Vergleich zu Cat Stevens ziehen. Am Ende kommt man nur schwer vorbei an der Schlussfolgerung, dass The Boys You Know mit ‚Elephant Terrible‘ schlicht angepasster als bisher klingen.

Der ORF-Journalist Robert Zikmund lässt sich angesichts der Albumveröffentlichung mit dem Statement zitieren: ‚So wie guter Journalismus nichts sein will, sondern berichtet was ist, muss auch gute Popmusik nichts darstellen wollen. Sondern dich zu Endlos-Repeat zwingen.‘ Auf ihrem neuen Album schaffen The Boys You Know leider weder das Eine noch das Andere so richtig. Schöner war’s, als sie noch etwas darstellen wollten.

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