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Atonement

30 Jahre haben Immolation, eine der Institutionen der New Yorker Death-Metal-Szene, im kommenden Jahr auf dem Buckel, vor 25 Jahren erschien das Debüt-Album „Spawn of Possession“. Entgegen der Befürchtungen bei älter werdenden Bands erwecken die Herren Dolan und Vigna jedoch immer mehr den Eindruck eines guten Weines: Der reift weiter und wird noch runder, noch vollmundiger, noch wohlschmeckender. „Atonement“ ist Immolations Album Nummer Zehn und für Fans von Morbid Angel, Suffocation oder Cannibal Corpse ein edler Tropfen für die Ohren. Dabei haben sich die Jungs auch optisch sehr gut gehalten: Dolans beeindruckend lange Haare scheinen genauso frei von grau wie Vignas Bart. Anscheinend hält die Musik jung und die beiden langjährigen Mitglieder der Band werden in Interviews auch nicht müde, zu betonen, dass sie Bock wie eh und je haben. Was in diesem Fall keine hohle PR-Floskel, sondern eindrucksvoll auf dem absolut energiegeladenen Longplayer zehn Songs lang zu bewundern ist.

Der Opener ‚The Distorting Light‘ klingt bereits so, wie man es bei dem Titel erwarten darf: Sehr düster – und verzerrt natürlich auch. Der Titel hat einen unbändigen Groove, gnadenlose Drumbeats und genau einen solchen Gesang, wie man es landläufig mit Death-Metal verbindet. Dazu kommen noch zwei Klasse-Soli von Vigna, die mit bedrohlichem Hall aufwarten. ‚When The Jackals Come‘ knüpft mit den gleichen Eigenschaften an, hat aber aufgrund des genialen, titelgebenden Refrains tatsächlich das Potential zu einer Mitgröhl-Nummer bei Live-Auftritten: „When the Jackals Cooooooooom.“ Und das, obwohl Immolations Musik eigentlich zu komplex zum Mitsingen ist. ‚Fostering Divide‘ hat eine vergleichsweise simple Grundstruktur – aber natürlich wird der langsame Beat von Vignas Gitarren und Dolans Stimme so stark geformt, dass noch genug zum Entdecken drin steckt. ‚Thrown to the Fire‘ eröffnet schaurigen Gitarrenklängen, Dolan gibt der gemächlichen Nummer noch zusätzlichen Biss. ‚Lower‘ überrascht mit einem fast verträumten Intro, auch wenn natürlich an Träumen nicht zu denken ist. Das hier eignet sich eher zum gruseligen Soundtrack eines Albtraums. Beim Titeltrack nimmt die Komplexität der Songstrukturen wieder zu, vor allem Schlagzeuger Steve Shalaty trägt mit seinen progressiven Drumbeats dazu bei.

Was für ein Album! Qualität ist man von Immolation natürlich gewohnt, und die New Yorker enttäuschen nicht. Besonders stimmungsvoll kommt „Atonement“ daher, Härte entsteht nicht in erster Linie durch Hypergeschwindigkeit, sondern durch Ross Dolans unglaubliches Organ, den satten Sound und die druckvolle Produktion. Das Niveau ist durchgehend hoch, wobei einige Songs besonders hervorstechen. Erstklassiger New York Death.

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