American Amadeus
Wer es bunt, laut und pompös-schillernd mag, wurde zum Jahreswechsel 2020/21 mit ein paar verbotenen Restbeständen aus dem Vorjahr enttäuscht. Vielleicht spendet die neue Scheibe „ American Amadeus “ (Steamhammer/SPV) der Glamrocker John Diva & The Rockets of Love, die Anfang dieses Jahres so ganz ohne Roadshow ihren Weg in die Ohren der langhaarigen Spandex-Träger*innen fand, etwas Trost.
Raketen der Liebe trotz Feuerwerksverbot?
John Diva, selbsternannter Californian Sunnyboy, und seine musikalisch hochbegabten Buddies aus aller Welt schlagen mit ihrem zweiten Studioalbum ein neues Kapitel der Musikgeschichte auf. Zumindest wenn die Ära der Rockmusik von 1970 bis 2020 komplett ausgeblendet wird. Wenn nicht, kommt einem der ein oder andere Sound bekannt vor. Mancher Song klingt wie eine Zeitreise zu den jungen KISS, Mötley Crüe, Bon Jovi, Aerosmith und Whitesnake. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Diva schon als Jugendlicher Songs für Vince Neil und Axl Rose geschrieben hat.
Und weil die Zeitmaschine einen Defekt zu haben scheint, ist sie für den Titelsong noch kurz im 18. Jahrhundert stecken geblieben. Genau dort, wo auch Falko schon 1985 schon einmal ein Tête-à-Tête mit dem „Rocking Amadeus“ hatte. Dieser brachte den Jungs das Cembalospielen bei und schickte sie schnell wieder zurück zu ihren Idolen in die 80er. Wem also AC/DC zu technisch, Steel Panther zu ernst und Mötley Crüe zu brav sind, der kann sich sicher mit JDATROL anfreunden.
Raketen, Zweitakter und Pudelrocker
Das Album beginnt tatsächlich mit einer kleinen Rakete. ,Vodoo, Sex and Vampires’, so der vielschichtige Titel des Openers, geht auf jeden Fall gut nach vorne und macht bei einem richtige Livekonzert bestimmt ordentlich Stimmung. Man munkelt, Hannes Braun von Kissin’ Dynamite habe bei einigen Songs seine Finger im Spiel gehabt. Es ist vorstellbar, dass dies beim auch ersten Song der Fall ist. Das Gitarren-Solo klingt irgendwie nach KD. Was definitiv als Kompliment gemeint ist! Und auch das Banjo, gespielt von Michael Voss, passt sich stimmig in das Lied ein.
Die erste Single, die bereits im September 2020 erschien, ist ebenfalls sehr gelungen. ,Bling Bling Marilyn’ erzählt eindrucksvoll die Geschichte einer komplizierten jungen Dame, die emotional hin- und hergerissen ist zwischen einer festen Bindung und einem Leben in Prunk und Luxus. Das könnte man zumindest mit etwas Fantasie in die 133 Wörter des Textes hineininterpretieren. ,Soldier of Love,’ ,Champagne on Mars’, ,Movin’ Back to Paradise’ und ,2 Hearts’ sollten erst gar nicht erwähnen werden, weil sie einfach nicht hängenbleiben. Das ist feinste 80er Popmusik, wie verirrte Vespas auf den Harley Days. ,Wasted in Babylon’ und ,Drip Drip Baby’ haben Potenzial zum Mitgröhlen und bedienen bestens das (trinkende) Party-Volk.
Alles in allem bildet „American Amadeus“ eine gute Grundlage, um die Bühnenshow von JDOTROL weiter auszubauen. Und das ist genau das, wofür es diese Band gibt! Für all jene, die den mittlerweile alternden Bands der Glamrock-Szene nachtrauern, sind JDOTROL da und bringen diese Zeiten mit Power auf kleine und großen Bühnen zurück. Aber man muss sich schon die Perlen raussuchen. Zum Hören alleine im Wohnzimmer an grau-feuchten Wintertagen bringt das Album zumindest Farbe rein, scheint aber andererseits auch ein bisschen fehl am Platz. Aber kennt ihr das, wenn ein Signal vom Ohr in den Körper geht, und der Körper ruft: „Gib’ mir was zu Trinken!“? Prost!
Gastautor: Christoph K.