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All Around Us

Wenn Jónsi-Liebchen und Sigur-Rós-Produzent Alex Somers seine Finger im Spiel gehabt hat, lässt sich das oft unschwer erkennen. Das Debüt von Briana Marela macht da keine Ausnahme: Kindlich-lautmalerisch und surreal collagiert begrüßt einen der Gesang der Amerikanerin im Album-Aufmacher ‚Follow It‘. Sanft, aber doch nachdrücklich und eigensinnig. Es ist der Beginn eines liebevoll zusammengestellten Songzyklus‘ voller emotionaler Fürsorge, ummantelt von behutsamer Musikalität. Da überrascht es auch nicht weiter, dass der Insel-Streichtrupp Amiina wieder mit von der Partie ist. Die kennen sich aus mit dem Unterlegen elfenhafter, irrlichternder Gesangspassagen, in denen sich auch Briana Marela gerne ausdrückt.

Auf ‚All Around Us‘ pflanzt die 25-Jährige eine klangliche Wohlfühloase an. Die Mittel sind einfach, ihr Einsatz aber atmosphärisch geschickt. Auch lyrisch gibt Marela – was ein Segen ist – der Einfühlung den Vorzug vor der Raffinesse, verzichtet bewusst aufs kunstvolle Falten und Versiegeln ihrer Botschaft. Es geht ums bewusste Leben im Moment (‚Everything Is New‘) – für die meisten heutzutage eine ziemliche Herausforderung –, um den offen(siv)en Umgang mit den eigenen Gefühlen, bevor es zu spät sein könnte (

‚If you love me, say it now / And mean it / For you may never get another chance‘

), das für Singer-Songwriter nicht ganz unübliche Ergründen des Phänomens Liebe, nicht zuletzt spielt aber auch Trost eine Rolle. Obwohl laut Titel an eine ganz bestimmte, frisch getrennte Freundin addressiert, hilft das anrührig-melancholische ‚Dani‘ doch irgendwie uns alle über das Schreckgespenst der Einsamkeit hinweg – und sei es nur durch Ablenkung, durch Entrückung, einen kürzeren oder längeren Ausflug in eine akustisch vermittelte Traumwelt. Klanglich kommen hier Erinnerungen an Sigur Rós‚ aquarellenes ‚Valtari‘-Album auf, das – wie sollte es anders sein – ebenfalls Somers produzierte.

Mit ihrem mädchenhaft-unbedarften Gesang, der narrativen Sturheit einer Björk, sigur-rós’scher Zeitvergessenheit und durch und durch unaufdringlichen, verwaschenen elektronischen Texturen – deren ihre artifizielle Natur erst einmal angehört werden muss – bedient Briana Marela natürlich unweigerlich das ewige Klischee. Musik aus Island ist partout mit Nordlichtern zu illustrieren, mit Elfen, Moos und heißen Quellen. Warum aber auch nicht – solange das Fantastische der menschlichen, überaus unabgehobenen Botschaft dieses Albums keinen Abbruch tut. Die schönsten Märchen sind schließlich die, die in uns und direkt um uns herum passieren.

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