Viel Spaß in der Zukunft
Aufgemerkt, es wird anspruchsvoll. Schließlich huldigen Der Bürgermeister der Nacht auch mit ihrem zweiten Album ‚Viel Spaß in der Zukunft‘ der Tradition der Hamburger Schule, die Legenden wie Die Sterne oder Tocotronic hervorbrachte und Bands wie Tomte und Anajo maßgeblich beeinflusste.
Texte, die sich zwischen Poesie und abstrakter Kunst bewegen, treffen auf klare, schnörkellose Akkorde – Chichi mit Schäumchen ist für andere reserviert. Der Sound mutet minimalistisch an, fast nackt, und legt sich doch gleich einem maßgeschneiderten Kleid um Zeilen wie ‚Man kann sicherlich im Leben vieles wagen // Doch was man nicht trinken kann // Kann man auch nicht ertragen‘ (‚Gläser, Kultur und Psychosen‘). Gelegentlich gönnen sich die Klänge ein wenig Exzess, sei es, wenn die Gitarre einen Ausflug in Richtung Surfsound wagt oder wie eine steife Brise gnadenlos durch einen Song schrammelt. Wer genau zuhört, wird wohldosierte Cellopassagen und Orgelklänge identifizieren.
Melancholie, schräge Gartenpartys, die depressive Seite Hamburgs, innere Konflikte, diffuse Gefühlszustände: All das verpackt Sänger Fynn Steiner in hintersinnige, intelligente Texte, die oft mit doppeltem Boden daherkommen oder mit Perlen wie ‚Sie sind so distinguiert wie ihre zwei Liter Rotwein // Selbst die nächste Sintflut wird ihnen zu seicht sein‘ (‚Die Unterirdischen‘) glänzen. Von der Zuhörerschaft fordert Steiner damit neben ungeteilter Aufmerksamkeit auch den Willen, sich mit seiner Kunst auseinanderzusetzen. Wer dazu nicht bereit ist, wird die Platte recht schnell frustriet in die nächste Ecke feuern.
‚Viel Spaß in der Zukunft‘ ist kein leicht zugängliches Pop-Scheibchen. Die Platte will entdeckt, zerlegt, erarbeitet werden – erst dann gibt sie ihre Schätze frei und offenbart eine vielschichtige Welt voller feinsinnigem Humor und intellektuellen Spitzfindigkeiten, gespickt mit einer Prise Ironie und sprachlichen Kleinoden. Besser kann die Hamburger Schule nicht repräsenteirt werden.