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The Horse Comanche B-Sides: The Story of Bobby and Maeve

Geschichten in bester Americana-Tradition erzählen – das ist es, was Chadwick Stokes mit seinen Songs zur Perfektion getrieben hat. Sei es als Mitglied von Dispatch und State Radio oder auf Solopfaden. Da auf seinem letzten Solo-Album ‚The Horse Comanche‘ nicht alle Stories Platz fanden, die der Mann mit der roten Wallemähne in petto hat, folgt nun die digitale vier-Track-EP ‚The Horse Comanche B-Sides: The Story of Bobby and Maeve‘.

Im Prinzip ist die Platte ein Mini-Konzept-Album, denn sie handelt davon, wie sich Bobby und Maeve verlieben. Diese Liebe endet tragisch, denn Bobby fällt im Afghanistan-Einsatz. All das wird der Hörerschaft nicht etwa in plakativen Texten über den Himmel voller Geigen, Angst, Tod und Schmerz um die Ohren geklatscht. Chadwick Stokes wäre nicht Chadwick Stokes, wenn es ihm nicht gelänge, seine Erzählung in ein poetisches, bildhaftes Gewand zu kleiden, das von ausdrucksstarken Akkorden und einfühlsamen Melodien getragen wird.

Los geht es natürlich mit dem Verlieben. Jeder kennt den fröhlich-harmlosen Song ‚You’re the One that I Want‘ aus dem Musical ‚Grease‘. Olivia Newton John und John Travolta umwerben sich darin ebenso kess wie neckisch, aber doch recht unschuldig. Chadwick Stokes dekonstruiert dieses Stück Popkultur und macht daraus eine sehnsuchtsvolle, moschusduftend dahingehauchte Hymne auf die Magie der Anziehungskraft zwischen zwei Personen, die in einem fulminanten Psychedelic-Rock-Finale gipfelt. Grandios!

Kommen wir zur Sehsucht. Ist der geliebte Mensch fern, verzehrt sich jede einzelne Faser des Körpers nach ihm. Genau darum geht es in ‚That’s All‘, das zunächst still und leise daherkommt und sich irgendwann in einem qualvoll in die Länge gezerrten Akkord nur so im Schmerz windet.

Verlust ist in der Liebe unvermeidbar, bei Bobby und Maeve fällt dieses Kapitel allerdings besonders tragisch aus. Storyteller Stokes erzählt davon symbolisch in ‚Glory‘: ‚Glory I’m the one / Who really shot your dog‘ gesteht der Protagonist reuevoll, ‚but it was not my fault‘. Der Tod als Schicksal, das unverhofft zuschlägt und ein Loch ins Leben der Hinterbliebenen reißt – und wenn es nur der Familienhund ist, der aus heiterem Himmel stirbt. Behutsam überbringt Stokes die schlimme Nachricht, verpackt in sanfte Akustik-Akkorde, die von dezenten Synthie-Wellen getragen werden.

So abgedroschen es klingen mag, aber am Ende aller Tragik stehen die Hoffnung und das Wissen, dass eine geliebte Person niemals ganz geht. Davon handelt ‚Indiana Falls‘ mit seiner luftig-leichten, gelegentlich ins Melancholische kippenden Melodie. Irgendwo im Herzen bleibt immer ein ganz besonderer, persönlicher Platz, der nur diesem einen speziellen Menschen gehört und unantastbar ist.

‚The Horse Comanche B-Sides: The Story of Bobby and Maeve‘ ist ein impulsives, vor Emotionen platzendes musikalisches Kleinod, das sofort das Kopfkino aktiviert und mitreißt. Einziger Kritikpunkt: die Kürze. Die Geschichte von Bobby und Maeve hätte es verdient, noch ein wenig ausführlicher erzählt zu werden.

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