The Forgotten And The Brave
Vor nicht ganz eineinhalb Jahren beglückten uns Owls By Nature mit ‚Everything Is Haunted‘, einem Album voller Herzblut und Schmiss. Das bediente zwar den gerade angesagten Folk-Hype, hatte aber seine persönliche Note und war überaus überzeugend. Wer sich, wie wir von Whiskey Soda, hat willig einnehmen lassen von dem munteren Fünfer, sah mit Vorfreude auf die Veröffentlichung des Nachfolgers ‚The Forgotten And The Brave‘.
Selbiger liegt nun vor und zunächst kommen uns Owls By Nature wieder mit ihrem energiegeladenen Folk’n’Roll entgegen. Der charakteristische Gesang von Ian McIntosh sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert und verfehlt seine Wirkung auch diesmal nicht. Darauf verlässt sich offenbar das ganze Erfolgskonzept der Kanadier. Die Stimme als Alleinstellungsmerkmal ist Strategie, ansonsten zielt das neue Werk auf Massenverträglichkeit ab. Folk bringt’s nicht mehr, also setzt man es jetzt auf einen möglichst radiotauglichen Sound an. Wenig überraschend, dass bei diesem Konzept der Sänger allein das Album nicht reißen kann.
‚The Forgotten And The Brave‘ hat einen wesentlich unpersönlicheres Kolorit als sein Vorgänger. Zunächst erregen Piano bzw. E-Orgel in ‚Darkness‘ nur ein wenig Irritation. Der Rockballaden-Anstrich von ‚Back Right Down‘ ist dann schon genauso anstrengend wie dessen Text mit seinem Versprechen, für die Herzensdame ein besserer Mann zu werden. Fast nahtlos zieht sich der schmachtende Pathos in ‚Honesty‘ hinein, der in einem arg gefühlvollen Hintergrundchor gipfelt. Sicher, auch das letztjährige Album war nicht nur im Galopptempo gehalten, aber die ruhigeren Tracks hatten da noch Tiefe und Charakter.
Hat man also das Schnulzental durchstanden, werden die Songs des neuen Albums zwar wieder zackiger, Piano und aufdringliche Melodielinien aber bleiben. Irgendwie wurden bei der Produktion die falschen Akzente gesetzt. Auch wenn im Gesang der gewohnte Elan zu verspüren ist, wird er doch konsequent ertränkt von schrecklich konventionellen E-Gitarren-Soli. Und auch in dem eigentlich so schön beruhigenden ‚Wrigley Field‘ stört das Gitarrengeklimper entlang des Strophengesangs und gibt dem Song eine unnötig nervöse Note.
Auf ‚Everything Is Haunted‘ überzeugten Owls By Nature noch durch Natürlichkeit. Die ist inzwischen einer Bemühtheit gewichen, die die Band eigentlich gar nicht nötig hat. Bleibt abzuwarten, ob sie mit dem nächsten Album auf der Suche nach dem nächsten angesagten Trend weiterschlingert. Oder es mit dem jetzt eingeschlagenen Weg ernst meint und ihm um ihre kurzzeitig verlorenen Zwanglosigkeit ergänzen kann.