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The Fall Of Hearts

Katatonia haben in den letzten Jahren stagniert.
Ja, das war jetzt wirklich böse ausgedrückt, polemisch und übertrieben. Aber es war schon insbesondere auf „Night is the new Day“ viel Dienst nach Vorschrift den die Herren um Jonas Renkse da abgeliefert haben. Natürlich ist das Meckern auf hohem Niveau, nichtsdestotrotz hat Katatonia sich in einer gewissen Form abgenutzt.

Düster, melancholisch, einige progressiv-verspielte Elemente, aber immer noch halbwegs songorientiert und nicht sperrig-ausufernde, zerfließende Monstren von Konstruktionen, so wie es Opeth und sogar Anathema gemacht haben, das war nur in Nuancen unterschiedlich das, was auf den letzten Katatonia – Alben regierte, mal mehr, mal weniger. Nun könnte man, wenn man den Weg der eben genannten Mitstreiter Katatonias ansieht vermuten, dass insbesondere nach den ruhigen Interpretationen der eigenen Bandgeschichte, die Katatonia zuletzt an den Mann gebracht haben, die Band ähnlich wie ihre Genrekollegen noch mehr in Richtung Pink Floyd driftet.

Weit gefehlt. Katatonia reizen auf „The Fall Of Hearts“ alles aus, was sie können. Vermutlich durch die – herausragend funktionierende – Umbesetzung an Gitarre und Schlagzeug ist das neue Album von Katatonia das Beste seit langen Jahren. Es strahlt wieder Energie aus, Macht, Kraft, gar Freude und, auch wenn man es kaum glauben mag, Optimismus der hier und da das ewige Grau durchbricht. Auf „The Fall Of Hearts“ sind die seichtesten Songs der Bandgeschichte einerseits und die härtesten Passagen seit Katatonia keinen Death Metal mehr machen.

Die Produktion von Opeth / Devin Townsend – Produzenten Jens Bogren ist glasklar und knallhart, im Kopfhörer wird einem schwindelig wie in einem IMAX-3D-Film, so wahnwitzig tritt die Band auf. Da gibt es das unglaublich harte „Serac“ das sich in der Mitte dieses 70minütigen Epos zu einem Turm von der Bedrohlichkeit eines Orthanc aufbaut, es gibt mit den wunderbaren „Old Heart Falls“ und „Last Song Before The Fade“ aber auch Stücke, die an die Eingängigkeit von „Viva Emptiness“ erinnern. Vielleicht mag dem einen oder anderen diese Eingängigkeit ansonsten fehlen, aber insgesamt ist „The Fall Of Hearts“ trotz aller progressiven Elemente, die das Album insgesamt schon dominieren, irgendwie zugänglich(er).

Das Drumming, absolutes Highlight des Albums, ist so vertrackt und vielschichtig wie auf den besten Alben der größten Progressivkünstler, selbst bei den Songs, die über eingängige Refrains verfügen. „Sanction“ ist so ein Beispiel, wie hier alle möglichen Register der Percussion gezogen werden und der Song wirkt trotzdem wie aus einem Guß – das ist absolut überragendes Songwriting.

Insgesamt wirkt „The Fall Of Hearts“ als hätte irgendjemand Nyström und Renkse reanimiert, Das Album atmet einen Sound wie eine Reaktion auf einen Defibrillator. Katatonia leben wieder und zwar so leuchtend wie schon seit Jahr(zehnt)en nicht mehr. Progressiv, hart, soft, eingängig, traurig, aber mit dem einen oder anderen Schimmer. Grandios.

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