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SLADE Alive! als Sonderedition auf CD und Vinyl

Die Frage nach der unterbewertetsten Band aller Zeiten bringt die Gemüter regelmäßig in Hitzewallung. Dabei werden aber oftmals Bands als „unterbewertet“ bezeichnet, die eigentlich schlicht nur erfolglos oder unbekannt sind. My Bloody Valentine oder Captain Beyond beispielsweise kennt im „echten Leben“ kaum jemand, aber die, die sie kennen, verehren besagte Bands wie Götter. Da kann man also kaum von unterdurchschnittlicher Wertschätzung reden.

Anders bei den ollen Slade. Die kennt wohl so ziemlich jeder, für die meisten sind das „die Typen mit den Plateauschuhen, Hüten und Glitzeranzügen“, die irgendwann in den Siebzigern des letzten Jahrtausends mal kurzzeitig die Teenies verrückt gemacht haben. Für wieder Andere sind sie die Band mit dem lustigen Weihnachtslied oder auch mal die mit den Powerballaden, die in den Achtzigern am Radio rauf- und runterliefen. Daß sich aber hinter Slade eine der begnadedsten Rockbands aller Zeiten versteckt, die auch ganz ohne Glitzer, Weihnachtskugeln und Radiohits massenweise großartiges Material veröffentlicht haben, das weiß und sieht heute kaum mehr jemand.

Zur Überzeugung braucht es dabei meist nicht mehr als „Slade Alive!“, das am 24. März 1972 erschienene erste Live-Album der britischen Rocker. Nachdem die Band sich jahrelang in Clubs abgeschuftet hatte, war ihnen mit den Singles ‚Get Down And Get With It‘, ‚Coz I Luv You‘ und ‚Look Wot You Dun‘ erstmals Charterfolge beschieden. Mit Sicherheit half eben auch, daß die Band von ihrem frühen Skinhead-Image abegerückt waren und speziell Gitarrist Dave Hill das gerade aufkeimende Glamrock-Image für sich adaptierte und bald mit außerordentlichen bizarren Kostümen auftrat. Zusammen mit dem markerschütternden Organ von Sänger/Gitarrist Noddy Holder, dem kraftvollen Spiel von Drummer Don Powell und dem auf John Entwistle-Niveau befindlichen, virtuosen Bassspiel von Jim Lea und den Komposition des Songwriter-Teams Holder/Lea wurden Slade schnell zum Pop-Phänomen – auch, weil trotz Teenie-Image die Songs deutlich rauer und härter rockten als die von Glamrock-Kollegen wie T.Rex, David Bowie oder den frühen Sweet. Mit „Slade Alive!“ wollte das Quartett aber ein für alle Mal beweisen, daß sie nach wie vor eine ernstzunehmende, hart arbeitende Liveband waren. Deshalb wurden drei Konzerte an aufeinanderfolgenden Tagen ohne Overdubs im ‚Command Theatre Studio‘, einem Fernseh- und Filmstudio in London für gerade einmal £ 600 aufgenommen.

Das Herz der Scheibe bildeten dabei neben drei eigenen Songs (aber keiner der Hitsingles!) die schon seit Jahren in den Clubs performten Coverversionen von Ten Years Afters ‚Hear Me Calling‘, John Sebastians Edelschnulze ‚Darling Be Home Soon‘, verziert von einem ordentlichen Noddy Holder-Rülpser ins Mikro, Little Richards ‚Get Down And Get With It‘ (der einzigen Single) und einer derben Zersägung von Steppenwolfs Klassiker ‚Born To Be Wild‘. „Slade Alive!“ war dabei aber keineswegs ein Underground-Album, sondern zumindest in Großbritannien ein massiver Hit. Die Scheibe stand satte 58 Wochen (!) in den UK-Album Charts und erreichte dabei Platz 2. Seit der Veröffentlichung zählt „Slade Alive!“ zu den populärsten Live-Alben aller Zeiten und inspirierte unter Anderem die Slade-Fans Kiss, ihr Livealbum (und dessen Nachfolger) ebenfalls „Alive!“ zu betiteln.

Zum 45. Jubiläum der Erstveröffentlichung von „Slade Alive!“ erscheint der Longplayer am 29. September in einer neuen Edition in der Serie „The Art Of The Album“ auf CD und LP. Das Album im Hardcover-Buch-Format enthält neben der CD ein 28-seitiges Booklet mit ausführlichen Informationen und Archivfotos von Barry Plummer. Die Liner Notes des Musikjournalisten Chris Ingham erinnern an die Geschichte der Band, die Entstehung des Albums und seine Bedeutung 45 Jahre später. Rückblickend auf die Aufnahmen erzählt Schlagzeuger Don Powell: „Die Erinnerungen sind immer noch lebendig von den drei Nächten in den Command Studios im Piccadilly Circus, wo wir `Slade Alive!´ aufgenommen haben. Es war ein kleines Theater, in dem wir Fanclubmitglieder eingeladen hatten. Wir nutzten die Aufnahmen der zweiten Nacht für „Slade Alive!“.“ Und Gitarrist Dave Hill ergänzt: „Ich glaube, „Slade Alive!“ dokumentiert Slade ‚live on stage‘ von seiner besten Seite! Unser Erfolg basierte auf diesem Album und dem Prinzip, dass wir eine der großartigsten Live-Rock’n’Roll-Bands unserer Generation waren.“

Einer, der die Bedeutung von Slade definitiv nicht unterschätzt, ist übrigens Noel Gallagher. Als man ihn damals fragte, ob es stimme, daß er mit Oasis bewußt den Sound der Beatles kopiere, antwortete er gewohnt lakonisch: „The Beatles? No. Slade? Yes!“

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