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Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band – 2CD Anniversary Edition

So ziemlich jedes Album, das seit Erfindung der Popmusik einmal irgendwo die unteren Regionen der Charts gekratzt hat, wurde in den letzten fünf Jahren als Super-Duper-Ultra-Deluxe-Fassung veröffentlicht. Dabei gibt es gelegentlich großartige, einen musikalischen Meilenstein kongenial in zeitlichen Kontext setzende Referenzwerke wie beispielsweise die King Crimson-Boxsets, meist aber eher ein klanglich kaputtkomprimiertes/-gemixtes Originalalbum mit klanglich oder künstlerisch eher bedenklichen Bonustracks.

Vielleicht hat es deshalb so lange gedauert, bis ein The Beatles-Album die Deluxe-Behandlung bekam. Die Ankündigung eines 2017er Remixes zum 50. Geburtstag „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ sorgte ergo zunächst einmal nicht für allzu große Begeisterung, vor allem, weil Giles Martin, Sohn von Original-Producer George Martin, vor einigen Jahren das höchst umstrittene „Love“-Album zu verantworten hatte. Noch dazu wurde ja mit der „Anthology“-Reihe bereits das Meiste für Normalfans interessante Archivmaterial bereits veröffentlicht, desweiteren sind die Alben der Band ehedem produktionstechnische Meisterwerke, die man gar nicht verbessern kann. Beweis: der „Yellow Submarine Songtrack“ und „Let It Be Naked“.

Aber, hier die gute Nachricht: Giles und die überlebenden Beatles haben ihre Lektionen gelernt. „Sgt. Pepper“ ist nämlich ganz klar „Sgt. Pepper“ geblieben. Hier wurden keinerlei zeitgemäßen Effekte oder Klangmanipulationen angewendet, alle Drums und Gitarrensounds klingen genau wie man sie in Erinnerung hat, nirgends gibt’s ein künstliches Echo, das dort nix verloren hat oder gar einen alternativen Gitarrentake. Nun mag der Zyniker natürlich fragen, wozu man diesen Remix überhaupt braucht, wenn alles klingt wie anno 1967. Nun, erinnert Ihr Euch noch, wie das damals war, als Ihr zum ersten Mal einen Film von DVD gesehen habt? Obwohl man jahrelang überhaupt nichts an der alten VHS-Kassette auszusetzen hatte, sah man plötzlich alles klarer und deutlicher, ein Schleier ward geliftet – und die arme alte VHS hatte mit einem Schlag ausgedient. Genau diesen Effekt hat auch der neue Mix von „Sgt. Pepper“. Weg sind das selbst auf den letzten Remasters noch deutlich zu vernehmende Bandrauschen, das Gematsche in den Bässen, die undefinierten Höhen und all die anderen Artefakte, die das zigfache Zusammenmischen der verwendeten Vierspurbänder anno 1967 mit sich brachten. Gerade die musikalisch komplexeren Songs wie ‚Being For The Benefit Of Mr. Kite‘ oder ‚She’s Leaving Home‘ zeigen ihre Details plötzlich ganz offen, ohne den Reiz der Originalfassung im Geringsten zu beeinträchtigen. Schlicht vorbildliche Handwerkskunst.

Über das Album selbst muss man nichts mehr an Worten verlieren. Klar kann man persönlich „Revolver“, „Abbey Road“ oder sogar „Rubber Soul“ vorziehen, aber „Sgt Pepper“ ist eben das einflussreichste Album der einflussreichsten Band der ganzen Popmusik. Keiner der experimentelleren und anspruchsvolleren Spielarten des Genres wären ohne dieses Album und die damit etablierten musikalischen wie technischen Standards denkbar. Natürlich haben „Pet Sounds“ (The Beach Boys) und „Freak Out“ (Frank Zappa) dieses Meisterwerk entscheidend mit beeinflusst, aber hier kommen Anspruch, Experimentierfreude und höchste musikalische Eingängigkeit in Perfektion zusammen wie bei fast keinem Konkurrenzalbum. Denn seinen legendären Ruf hat „Sgt Pepper“ trotzdem nur aus einem Grund: die Songs. ‚A Day In The Life‘, ‚Lucy In The Sky With Diamonds‘, ‚When I’m Sixty-Four‘, ‚Getting Better‘, der Titelsong, ‚With A Little Help From My Friends‘ – noch Fragen?

Auf der 2-CD-Version findet sich noch eine Bonusdisc mit Outtakes der Sessions, die in Verbindung mit dem ausführlichen Text im Booklet einen schön nachvollziehbaren Einblick in die Arbeitsweise der Band und ihres Produzenten gibt. Dazu noch ebenfalls neue Mixes von ‚Penny Lane‘ uns ‚Strawberry Fields Forever‘, die ebenso gelungen sind wie die des Hauptalbums. Auch sind alle Texte abgedruckt und das Artwork fast identisch mit dem Original. Natürlich gibt es auch noch die aufwändige und teure Super-Mega-Variante mit NOCH mehr Material, aber die 2-CD-Version sollte eigentlich allen Nicht-Die Hard-Fans ausreichen. Die ist dafür aber Pflicht, denn genau so muß die Aufbereitung eines klassischen Albums erfolgen. Tja, einmal mehr setzt „Sgt Pepper“ Maßstäbe…

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