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Resonate

Offensichtlich ist jahrelanger Drogenmisbrauch doch nicht so ungesund, wie man allgemein annimmt. Ansonsten wird es nämlich echt schwierig, eine Erklärung dafür zu finden, daß ausgerechnet Glenn Hughes trotz reichlich dekadenter und gefährlicher Exzesse die Siebziger und Achtziger des letzten Jahrhunderts musikalisch völlig unbeschadet überstanden hat. Ja, sogar mit 64 nicht nur kraftvoller und mit größerer tonaler Reichweite singt als in seiner Jugend, sondern auch noch frischer, lustvoller und unverkrampft moderner musiziert als 99 Prozent der Konkurrenz Mitte Zwanzig.

Mit das Spannendste an Glenn ist ja, daß man nie so richtig weiß, was einem bei einer neuen Scheibe musikalisch so erwartet. Da gibt’s mal ein Bluesalbum, mal Hardrock, mal Funk, mal Soul, oft genug modernen Alternative Rock – das fordert schon ein wenig Offenheit. Das hat sich auch acht Jahre nach seiner letzten „echten“ Soloscheibe nicht geändert. Zwar ist „Resonate“ klar im harten Rock verankert, aber so leicht läßt sich das nicht festhalten. Da gibt’s ne Deep Purple-mäßige Schweineorgel, Black Sabbath-lastige Lava-Riffs, groovige Rhytmustracks (ja, ein genialer Basser ist er auch immer noch) und natürlich die typische alterslose Stimme, die von bluesigem Grollen und samtweichem Soulfeeling über die exaltierte Rock-Sirene bis zu den Falsett-Screams immer noch alles im Rock Mögliche abdeckt. Größtenteils spielt sich die Sache aber irgendwo zwischen dem Old-School-Heavy-Rock von Black Country Communion und der düsteren Heaviness des Iommi/Hughes-Albums „Fused“ ab. Mit dem Opener ‚Heavy‘ (der Name ist Programm), dem Stevie Wonder-meets-Black Sabbath– Groovemonster ‚Let It Shine‘ und dem zwischen Deep Purple-Treiber-Strophe und bluesigem Balladen-Refrain hin-und herpendelnden ‚Steady‘ und dem Funker ‚Landmines‘ bietet „Resonate“ jede Menge erstklassigen Stoff für den musikalisch offenen Rocker. Mein persönlicher Favorit ist aber das schleppende ‚God Of Money‘, dessen Refrain sich schlicht weigert, die Gehörgange zu verlassen. Auf der hiermit ausdrücklich empfohlenen Deluxe-Edition findet sich übrigens mit dem akustischen Gary Moore-Cover ‚Nothing’s The Same‘ noch ein Tribut an Glenns alten Kumpel, das nicht nur bekennenden Moore-Fans mit seiner emotionalen Darbietung unter die Haut geht.

Kurz: „Resonate“ beweist, das es möglich ist, auch 46 Jahre nach Beginn der Profikarriere noch musikalisch interessante und relevante Alben zu veröffentlichen. Wie Hughes das schafft, weiß ich nicht… aber, daß der Hamster sich vermehrt, ist ja schließlich auch was wert.

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