PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS – Wenn der Vater mit den Söhnen
Viele Kutten -die meisten mit Motörhead-Aufnähern, jede Menge lange Bärte und ein kräftiger Biergeruch sind die ersten Wahrnehmungen beim Betreten der Sputnikhalle in Münster. Die männlichen Gäste sind deutlich in Überzahl, das Durchschnittalter liegt näher an der Rente als am Abitur. Der Club ist, wenn auch nicht ausverkauft, doch sehr gut gefüllt. Das Publikum empfängt die beiden Vorbands Crossplane und Nitrogods mehr als freundlich. Beide liefern harte Gitarrenriffs, und die Pommesgabeln wippen bereits beim Aufwärmprogramm über den Köpfen. Hier passt die Zusammenstellung einwandfrei, was bekanntermaßen nicht bei jeder Show der Fall ist. Aber die Leute sind heute hier, um den ehemaligen Motörhead-Gitarristen Phil Campbell mit seinen drei Söhnen und den neuen Sänger Joel Peters zu sehen.
Um 21.30 Uhr gehen die Saallichter aus, und die Herren entern die Bühne. „We´re The Bastards“ ist dabei nicht nur die musikalische Vorstellung der Band, sondern zugleich Titeltrack der immer noch aktuellen Platte. Ohne Luft zu holen, geht es nahtlos mit „Bite My Tongue“ weiter, und die Menge klatscht und tanzt fleißig mit, die Klampfen sind laut und schmutzig. Papa Campbell ist zwar der unangefochtene Chef im Ring, lässt seinen Söhnen, insbesondere Co-Gitarrist Todd, aber jede Menge Freilauf, um sich zu präsentieren. Die Band ist gut eingespielt, und auch dem neuen Frontmann merkt man nicht an, dass er hier ausschließlich Songs präsentiert, an deren Entstehung er gar nicht beteiligt war. In der ersten kurzen Pause macht Phil dann direkt eine klare Ansage, dass er niemanden auf die ohnehin zu kleine Bühne lassen werde, und die Show schon beim ersten Versuch abgebrochen wird. Ob diese Drohung wirklich notwendig ist, bleibt unklar, aber scheinbar hat da jemand schlechte Erfahrungen gemacht. Ansonsten gibt sich der mittlerweile 61jährige sehr entspannt, und lächelt mehrfach freundlich in die Handykameras, die ihm immer wieder ins Gesicht gehalten werden.
Richtig wild wird es stets dann, wenn die Combo alte Lemmy-Hits anstimmt, die knapp die Hälfte der Setlist ausmachen, inklusive reichlicher Circle-Pits, wild schüttelnden Köpfe und laut gegrölten Refrains. Ob „Iron Fist“, „Born To Raise Hell“ oder „Ace Of Spades“: Es sind die Klassiker, für die sich ein Großteil der Fans ein Ticket geholt hat. Mit „Silver Machine“ wird gar ein Lied aus Kilmisters Prä-Motörhead-Ära von dessen Vorgänger-Combo Hawkwind geboten.
Aber auch die eigenen Nummern bekommen ihren Platz: „Animals“ erlebt heute Abend seine Tour-Premiere und bei „Get On Your Knees“ gibt es ein Publikums-Battle, welche Seite die lautere ist. Einen richtigen Gewinner gibt es aber nicht, die Lautstärke ist links wie rechts brutal.
Nach gerade einmal einer Stunde Spielzeit und der Nummer „Ringleader“ ist die Bühne schon wieder leer. Nach einer kurzen Verschnaufpause kehrt das Quintett noch einmal für den Zugaben-Block zurück. Mit dem Motörhead-Gassenhauer „Killed By Death“ ist dann aber nach 75 Minuten endgültig Schluss, und die Bastarde und deren Vater entschwinden in den Tourbus, der direkt vor der Halle parkt. Ein lauter, aber musikalisch einwandfreier Abend voll von gepflegtem Hard Rock endet leider viel zu schnell.
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SETLIST
We´re The Bastards
Bite My Tongue
Iron Fist (Motörhead)
Freak Show
High Rule
Born To Raise Hell (Motörhead)
Animals
Get On Your Knees
Damage Case (Motörhead)
Dark Days
Ace Of Spades (Motörhead)
Silver Machine (Hawkwind)
Ringleader
Ramones (Motörhead)
Big Mouth
Lost Woman Blues (Motörhead)
Killed By Death (Motörhead)
Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda