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Northern Soul

Nach drei Jahren Wartezeit gibt es mit „Northern Soul“ (RYL NKR Recordings / Rough Trade) Neues von Erik Cohen auf die Ohren. Eigenwillig wie er nun mal ist, verliert er auch auf der aktuellen Scheibe kein bisschen seine Vorliebe für einen Genrecocktail aus Doom, Wave, Rock und eben allem, was düster ist. Trotzdem ist „Northern Soul“ offener und persönlicher geworden, als man es erwartet hätte.

Ein ein- und überleitendes Intro, düster, als ob der Küstenblick mit den sich nähernden und Gischt spritzenden Wellen vertont worden wäre. Man schwelgt im (musikalischen) Weitblick und kriegt den Kopf frei. Das folgende „Nach Dem Sturm“ vereint alles was ein Cohen‘scher Rocksong haben muss: die Hymnenhaftigkeit, den Hall, die Chöre und – vor allem – Charisma. Mit „Bomberjacken“ hingegen werden selbst die Oi-Punks aus der Reserve gelockt. Eine schmissige Melodie, Oi-Rufe, und immer einen Drahtseilakt zwischen Aufstehen und Abstürzen fabrizierend. Mit „Schleswig-Holstein“ und „Café Stietzel“ wird Erik Cohen, der für gewöhnlich eher der Meister der Selbstinszenierung ist, ungewohnt persönlich. Die Zerrissenheit zwischen Loslaufen und Ankommen thematisiert er irgendwo zischen wavigen Gitarrenriffs und Powerchords. „Café Stietzel“ hingegen ist im Sound ungefähr so vintage wie der verklärt-verliebte Blick zurück, den der Song erzählt, und empfiehlt sich gleichzeitig für die dicke Party, wenn man sich wieder freudetrunken in den Armen liegen kann.

Mit „Northern Soul“ hat Erik Cohen ein Stück weit sein innerstes nach außen gekehrt – das steht ihm ausgesprochen gut. Natürlich wird die Rockstar-Sonnenbrille auch schnell wieder hochgezogen, ganz Rock‘n‘Roll-Klischee eben, aber wie wuchtig sich norddeutsche Zurückhaltung anhören kann beweist der Kieler wieder eindrucksvoll.

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