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NEAL MORSE – A Great Adventure

Seit Anfang der 2000er Jahre ist der tiefgläubige Morse vor allem als Solo-Künstler aktiv, jedoch auch in den Supergroups „Transatlantic“ und „Flying Colors“. Besonders in den letzten 5 Jahren hat seine Karriere nochmals ordentlich an Fahrt aufgenommen, dies vor allem aus zwei Gründen: Morse, selbst Multi-Instrumentalist, hat seit einigen Jahren eine sehr starke, feste Band an seiner Seite und tritt seither auch als „Neal Morse Band“ auf. Mit seinen Mitstreitern Mike Portnoy (Ex-Dream-Theater, Winery Dogs, Sons of Apollo), Eric Gilette (Solo, The Swon Brothers), Bill Hubauer und Randy George (Ajalon) hat er ein festes Line-Up aus starken Musiker-Persönlichkeiten. Mit diesem starken Team hat mit „The Similtude of a Dream (2016) und „The Great Adventure (2019, aktuelle Tour) zwei sehr starke Konzept-Doppelalben nacheinander veröffentlicht, die sowohl bei Musik-Kritikern als auch bei der Fangemeinde grossen Anklang gefunden haben. Beide Alben beruhen auf „The Pilgrims Progress“, einem Klassiker der christlichen Literatur, in dem der Protagonist in allegorischer Form den Weg in den Himmel, zur Erlösung, sucht.

Gegen Ende der Tour machten Morse, Portnoy und Co wie auf jeder Tour natürlich im schweizerischen Z7 in Pratteln halt, das Portnoy einmal als sein „Wohnzimmer in Europa“ bezeichnet hat. Geplant ist ein ausladender Konzertabend, in dem die Band „The Great Adventure“ in seiner Gesamtheit (knapp zwei Stunden Musik) präsentiert. Fans der Band wissen, dass ein Konzert mit Morse-Beteiligung gerne mal drei Stunden dauert – von daher wunderte sich auch niemand, dass eine Vorband nicht eingeplant war.

Bei der Präsentation greift Morse auf den Look der zum Album produzierten Musikvideos zurück, so beispielsweise bei der 80er-Neon-Optik von ‚Welcome To The World‘, die jeweils auf die Leinwand auf der Bühne projiziert werden. Auch wechselt Morse mehrmals sein Kostüm von einem hellen Kapuzenhoodie zum Auftakt des Abends in das dunkle bei ‚I Got To Run‘ und auch ein Cyberpunk-Kostüm à la „Mad Max“ mit Schweisserbrille ist dabei.

Doch im Zentrum steht natürlich bei allem die Musik. Die ist wie zu erwarten druckvoll gespielt und mit bombastischem Sound in Szene gesetzt. Natürlich Keyboardlastig – hat doch Morse mit Bill Hubauer einen Tastenmann in der Band – steht der Meister des Abends nicht selten mit Gitarre am Keyboard in der Bühnenmitte und singt in sein Headset. Das Tolle an der Live-Präsentation dieser Band ist jedoch, dass sie eine ECHTE BAND ist. Nicht selten singen Gilette, Portnoy und Hubauer stimmungsvolle Background-Vocals, doch damit nicht genug. Die drei Herren, im besonderen jedoch Gilette (u.a. bei ‚The Great Despair) und Hubauer (u.a. bei ‚Child of Wonder‘), liefern zudem beeindruckende Lead-Vocals. Ganz abgesehen von den Soli an ihren Instrumenten. Nur Bass-Mann Randy George steht recht stoisch mit seinem Piratentuch auf der rechten Bühnenseite, zupft aber mit grosser Präzision seinen Tieftöner. Morse selbst sprüht vor Energie, mit emporgereckten Armen, mit Verve an der Gitarre und mit mal einfühlsamem, mal dynamischem Gesang. Man merkt, dieser Mann LEBT seine Musik mit jeder Faser.

Nach einer knappen Stunde und ‚Beyond the Borders‘ (gesungen von Hubauer) gibt es eine ausgedehnte Pause, in der sich das Publikum in die nasskalte Nacht in den Innenhof des Z7 für eine Zigarette oder eine Bratwurst verdrückt. In der Konzerthalle werden die Bierbecher gefüllt und der Merchandise-Stand frequentiert, bevor es mit dem zweiten Teil des Abends mit der gleichen Energie weitergeht. Ein Highlight im zweiten Akt ist auf jeden Fall ‚Vanity Fair‘. Zum einen Aufgrund seiner ungewöhnlichen Komposition, zum anderen wegen Morses noch ungewöhnlicherem Kostüm, einem riesigen Hut und einem bunten Flickensakko. ‚Freedom Calling‘ hat wundervolle, ausgedehnte Gitarrensoli von Gilette als besonders prägende Elemente und mit ‚A Love That Never Dies‘ setzt die Band den gefühlvollen, vorläufigen Schlusspunkt, begleitet von tösendem Applaus des Publikums.

Doch die Vermutung zu Beginn dieses Textes erwies sich am Konzertabend als richtig. Die Band kehrte nach dem Abschluss des Albums zu einer ausdehnten Zugabe zum Schweizer Publikum zurück. Sage und Schreibe Neun weitere Songs lieferte die Neal Morse Band an diesem Mittwochabend ab. Darunter Titel von „The Similtude of a Dream“, „The Grand Experiment“, „Lifeline“, „Testimony“, „?“ und etlichen anderen Alben der letzten Jahre. Insgesamt nahm das absolut opulente Dessert für die Ohren nochmals mehr als eine Stunde Raum ein. Über drei Stunden Rock, grosse Melodien und echte Gefühle. Was für ein Abend!

Setliste:
The Great Adventour, CH-Pratteln, Z7, 10.04.2019

Teil 1
Overture: The Great Adventure
The Dream Isn’t Over
Welcome to the World
A Momentary Change
Dark Melody
I Got to Run
To the River
The Great Adventure
Venture in Black
Hey Ho Let’s Go
Beyond the Borders

Teil 2
Overture 2
Long Ago
The Dream Continues
Fighting With Destiny
Vanity Fair
Welcome to the World 2
The Element of Fear
Child of Wonder
The Great Despair
Freedom Calling
A Love That Never Dies

Zugaben:
The Land of Beginning Again
Reunion
The Temple of the Living God
The Conflict
Leviathan
It’s for You
Momentum
The Call
Broken Sky / Long Day (Reprise)

Text und Redaktion: Daniel Frick

Fotos: mit freundlicher Genehmigung von Daniel Strub von great-moments.ch.

Fotocredit Header: Robert Smith

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