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Knight’s Call

Für Fans blonder Gitarrenhelden aus deutschen Landen ist der März ein ereignisreicher Monat: neben dem Dorfältesten Michael Schenker kommt zum Monatsende nämlich auch noch sein Wattenscheider Kollege Axel Rudi Pell mit einem neuen Album um die Ecke.

Wenn es eine Frage gegeben hätte, macht schon der Titel „Knight’s Call“ klar: Pell bleibt Pell, wie er dröhnt und kracht, sagt der Fasnachter ja gerne (oder so ähnlich). Und seine nicht unbeträchtliche Fangemeinde will es ja auch ganz genau so haben – im Vergleich zu Pell-Fans sind AC/DC-, Motörhead– oder Ramones-Verehrer geradezu abenteuerlustige Zeitgenossen. Und vom Coverkonzept über die Lyrics bis zur Qualität bekommt man als Pell-Maniac auf „Knight’s Call“ alles, was man sich so wünscht. Diesmal sogar ein wenig mehr: die bei Pell-Alben oft kritisierte Produktion ist diesmal nämlich recht erdig und bodenständig ausgefallen. Ferdy Doernberg beschränkt sich über weite Strecken darauf, der Hammond nach Herzenslust Saures zu geben, und auch der Bass-Sound von Volker Krawczak, der bereits seit Steeler-Zeiten an Pells Seite steht, knurrt diesmal so richtig schön und klingt auch im Gesamtsound recht prägnant. Die Drums von Bobby Rondinelli hingegen klingen einmal mehr recht künstlich und bieten leider wenig Originelles – nichts, was eine Drum-Maschine nicht auch hinbekommen hätte. Da vermisst man selbst sechs Jahre später immer noch das Tier Mike Terrana. Über die Helden der Scheibe, Axel selbst und den nach wie vor beeindruckenden Johnny Gioeli braucht man keine Worte mehr verlieren – eben das klassische, mustergültige Gitarrenheld/Sangesgott-Duo im Stil Blackmore/Dio, Page/Plant oder Schenker/McAuley (an den mich Gioeli ehedem schon seit Hardline-Tagen ein wenig erinnert).

Nach dem zugegeben wirklich ziemlich unnötigen 08/15- Intro ‚The Medieval Overture‘ gibt das Eröffnungstrio ‚The Wild And The Young‘, ‚Wildest Dreams‘ (mit ‚Black Night‘-Gedächtnis-Intro) und ‚Long Live Rock‘ die Marschrichtung vor: weniger Dio und Black Sabbath als auf den letzten Alben, dafür viel Uriah Heep, Post-DioRainbow und einige starke Anklänge an die frühen MSG. Mit ‚Crusaders Of Doom‘ folgt der obligatorische epische Schlepper in der Tradition von ‚Casbah‘ und ‚The Masquerade Ball‘ – doch im Gegensatz zu den rock’n’rolligen ersten Stücken wirkt der diesmal ein wenig durchschnittlich. Gleiches gilt für das Instrumental ‚Truth And Lies‘, das etwas zu stark an Michael Schenkers ‚Into The Arena‘ angelehnt ist und sogar den prägnanten Bassbreak in der Mitte kopiert und die Ballade ‚Beyond The Light‘, die im Vergleich zu anderen Pell-Schlüpferstürmern nur Mittelmaß erreicht. Nach dem schwierigen Mittelpart gibt’s mit ‚Slaves On The Run‘ und ‚Follow The Sun‘ nochmal zwei launige Rocker und mit ‚Tower Of Babylon‘ das zweite Epos mit fast zehn Minuten Spieldauer und dem obligatorischen Exzess-Solo. Mit den oben erwähnten Klassikern kann ‚Tower Of Babylon‘ zwar auch nicht ganz mitziehen, der Song wirkt aber lustvoller und packender als ‚Crusaders Of Doom‘ und setzt dem Album einen perfekten Abschluß.

Alles beim Alten also, die Schlagseite Richtung rockigerer Laune-Songs im Stil der ersten beiden ARP-Alben steht dem Album gut zu Gesicht und bietet im Vergleich zum Vorgänger genau das richtige Quentchen Veränderung, das keinen Pell-Fan verärgern dürfte und trotzdem dafür sorgt, dass die Sache auch nicht langweilig wird. Die Zielgruppe weiß Bescheid!

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