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Into The Legend

Rhapsody hier, Luca Turilli’s Rhapsody da, Rhapsody Of Fire dort, wer soll da noch durchblicken? Der geneigte Fan zum Glück schon, weiß er doch, dass Turillis Variante verspielter und detailierter zu Werke geht, Rhapsody Of Fire mit Sänger Fabio Lione und Keyboarder Alex Staropoli dagegen seit dem letzten Album sich wieder mehr an die Großwerke der Frühphase der Band orientieren und fast wieder die Vibes von „Legendary Tales“ oder „Dawn Of Victory“ inne haben.

Zwei hochklassige Bands sind immer besser als eine, wer es geradliniger mag, ist also mit „Into The Legend“ richtig bedient, der filigranere greift im Regal daneben zu, insgesamt sollte aber das gleiche Klientel angesprochen werden.

„Into The Legend“ beginnt mit Science Fiction-Cover und futuristischem Drachen (immerhin!) und legt mit „In Principio“ wieder mal äußerst cineastisch los. Das historische Fantasy-Schlachtengemetzel vor Augen bzw. Ohren kommen die beliebten Choreinsätze dramatisch daher, irgendwie bekannt, aber herrlich nostalgisch und immer wieder schön. „Distant Sky“ gibt Vollgas, kombiniert orgiastische Lead-Gitarren mit famosem Fabio Lione und typischem Breitwand-Gänsehautrefrain. Könnte ohne Probleme auch auf einem der früheren Alben Platz finden, auch wenn die Gitarren nicht mehr so barocke Skalen auf und ab jagen, sondern nun durch die Neuen mehr Metal sind, der aber beeindruckend und oft flitzeschnell dargeboten wird.

Der Titeltrack steht dem in Nichts nach, besitzt ein simpleres, moderneres Hauptriff, welches aber den Gesangslinien mehr Platz einräumt und in reizvollem Kontrast zu dem bombastischem Refrain steht. „Winters Rain“ beginnt mit Helloween-Gedächtnis-Intro, fügt flächige, fast schon keltisch anmutende Keyboardteppiche hinzu und drosselt das erste Mal das Tempo, Manowar-Pathos inklusive.

„A Voice In A Cold Wind“ holt die folkigen Elemente wieder heraus, die spinetthaften Keyboards und die ganz großen Emotionen. Tanzbar, zauberhaft und fantasieanregend. Hektischer geht es mit „Valley Of The Shadows“ zu, sirenenhafter weiblicher Operettengesang, perfekt gespielte Rhythmussektion sowie Helden-Keyboardlinien mit Solochören sorgen dafür, automatisch die Hand heroisch in die Höhe zu reißen und theatralisch in Richtung Brust zu ziehen.

„Shining Star“ ist vom Titel her schon Ballade und beginnt auch so: Akustik-Zupfgitarren mit schwülstigen Tastenklängen und einem zerbrechlichem Fabio sorgen aber nicht für Kitsch, sondern für sensible Metalklänge, die für „Metal Ballads“-Sampler prädestiniert wären. Gefällt sogar mir als Nicht-Balladenfreund.

Danach muss es wieder auf die Zwölf geben, was Rhapsody Of Fire mit „Realms Of Light“ auch tun. Uptempo und Drama, Baby! Typische Vokallinien, die nur von Staropoli so geschrieben werden können, flankiert von zahlreichen Chörstimmen, epischen Keys und parallel gespielten Gitarren. Dieses Konzept funktioniert seit 20 Jahren und wird nicht langweilig! „Rage Of Darkness“ klöppelt in gleicher Manier nach und haut den nächsten Bombast-Hit raus, mit dezent moderneren Gitarrenriffs, die einen spannenden Kontrast zu den traditionellen Gesangslinien bilden.

Den monumentalen Abschluss bildet „The Kiss Of Light“ mit seinen knapp 17 Minuten. Der folkige Beginn wird in Ruhe aufgebaut, Flöten, Spinett und alles, was Staropoli für atmosphärisch passend fand, wurde eingesetzt, um eine Tolkkien-mäßige Szenerie zu beschreiben, bevor dramatische Chöre und wuchtige Akkorde zeigen, wohin die Reise geht. Schnellerer Midtempo, Bombast und clever arrangiert mit zahlreichen Wendungen wird hier ein Gänsehautabschluss geboten, der so dick aufträgt, wie es verdammt nochmal sein muss.

„Into The Darkness“ hat das Zeug, zum nächsten Bandklassiker aufzusteigen. Wer die Frühphase vergöttert, kann blind zugreifen. Absolut beeindruckend!

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