|

Heaven Is Earth

Wer einen Blick auf die Diskographie der Self Defense Family wirft, dürfte leicht ins Wanken geraten. Sage und schreibe dreißig Einträge umfasst deren Portfolio, obwohl die Band, die sich zu Beginn noch End Of A Year nannte, gerade einmal etwas über zehn Jahre auf dem Buckel hat. Der jüngste Eintrag in der langen Liste der Veröffentlichungen ist das Ende Juni erscheinende Album ‚Heaven Is Earth‘. Dessen Produktion ist genau so mannigfaltig wie die Band an sich, die mittlerweile aus ganzen sechzehn Mitgliedern besteht. Aufgenommen wurden die acht Tracks der Platte nämlich in vier verschiedenen Studios – ganz im Sinne des Familiengedankens.

In altehrwürdiger Tradition der Gruppe ist auch dieses Album wieder Minimalismus in Perfektion. Was bei vielen anderen Bands schnell in Langeweile abdriften und zum Prädikat ‚langweilig‘ führen würde, ist bei der Self Defense Family unverkennbares Markenzeichen. Ganz nach der Devise, ‚weniger ist mehr‘, beschränken sich die Songs oft auf wenige Worte und zuweilen nur eine einzige Melodie, die nach und nach dezent ausgebaut wird. Schon der Opener ‚In My Defense Me Self Defend‘ erstreckt sich mit einer simplen Bass-Line und ein paar verstimmten Gitarrenakkorden über fünf Minuten, während sich lediglich das Schlagzeug kaum wahrnehmbar ändert und Patrick Kindlons Stimme leicht an Höhe und Kraft gewinnt. Textlich beschränkt sich der Song auf den Vers

‚… is not my concern. It burns out, it leaks out, I learn‘

, wobei sich lediglich das Subjekt am Satzbeginn ändert. Trotzdem passt alles wie die Faust aufs Auge. Jede kleine Nuance scheint penibel geplant zu sein. Die Wiederholung wird zum Stilmittel erhoben.

Trotz dieses Konzepts ist die Scheibe keinesfalls abwechslungsarm. Stattdessen verfügt jeder Song über seine ganz individuelle Note. ‚Prison Ring‘ bedient sich beim Classic Rock. ‚Everybody Wants A Prize For Feeling‘ und ‚Dave Sim‘ vermischen einen optimistischen Auf-Beat mit einem eher pessimistischen Gesang und erzeugen damit die für die Band typische Atmosphäre positiver Melancholie. Das titelgebende ‚Heaven Is Earth‘ wiederum ist eine siebenminütige sphärische Ballade mit viel Gefühl und selbstreflektorischem Text. Self Defense Family machen Musik, die ohne viel Überbau auskommt, den Hörer aber trotzdem in den Bann zieht und bei ihm unweigerlich Emotionen auslöst. ‚Heaven Is Earth‘ führt diese bewährte Formel fort und trifft damit erneut ins Schwarze. Das Album klingt wie eine lange Autofahrt durch die schwarze Nacht, die Erinnerung an längst vergangene Sommer, gebrochene Herzen und das Wiederaufstehen nach einem tiefen Fall. Bewegend und begeisternd. Eine uneingeschränkte Empfehlung für alle, die beim Hören gerne fühlen.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar