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Fallujah – Härte, Akrobatik und Atmosphäre

fitforanautopsy.jpg „Ein Mittwochabend in der schweizerischen Kleinstadt Aarau ist vermutlich ein undankbarer Termin für einen Auftritt einer aufstrebenden Metalband. Zumindest bedankte sich Fit For An Autopsy Frontmann Joe Badolato explizit bei den nur rund 40 Besuchern im Foyer der ehemaligen Futterfabrik für das Erscheinen mitten in der Woche. Dann legten die Herren damit los, das Publikum für ihre eigene Autopsie vorzubereiten. Die unsagbare Energie des fünfköpfigen Teams von der US-Ostküste machte einen hervorragenden Job mit allem was eine Deathcore-Band ausmacht: Grelle Screams und Growls bis zum Umfallen, hämmernde Drums und die reinsten Wirbelstürme aus Riffs. Die deftigen Rhythmen wurden von der offensichtlichen Lockerheit der Musiker auf der Bühne sympathisch akzentuiert. Vor allem Badolato, erst seit einem guten Jahr in der Band, wirkte sehr bodenständig im Kontakt mit dem Publikum und feuerte lautstark zu motorischen Gefühlsäußerungen auf. Im Publikum machte sich nach dem Ende nach rund einer halben Stunde bestätigendes Nicken und zufriedenes Grinsen breit.
fallujah2.jpgFallujah sorgen seit ihrem zweiten Album „The Flesh Prevails“ von 2014 für vermehrte internationale Aufmerksamkeit. Technischer Death-Metal, der es aber auch versteht, moderne, atmosphärische Klänge einzubinden, wurde zu ihrem Markenzeichnen. Technisch hervorragend aufgestellt und mit einer ordentlichen Progressive-Strahlkraft brachte es der Band aus San Francisco für das aktuelle Album einen Plattenvertrag mit dem bekannten deutschen Metallabel Nuclear Blast ein. „Dreamless“, erst im April erschienen, wirkt noch einmal eine Spur moderner und klingt wegen des Einsatzes von Hall-Effekten und programmierten Synthie-Elementem nochmals atmosphärischer – und irgendwie bei aller Innovation noch weniger nach klassischem Death-Metal. Aber natürlich trotz allem ultrahart und anders. Apropos ultrahart. Die Jungs legen mit ‚Cerebral Hybridization‘ vom 2011er-Debüt los. Das hier ist Technischer Death-Metal, wie man ihn sich vorstellt: Maschinengewehr-Drums, derbes Riffgeschredder und Growls.
fallujah3.jpg „Auch wenn die California Boys schon hier ihre Ambient-Elemente hatten, klingt das noch um einiges knalliger als die aktuelle Scheibe. ‚Carved from the Stone‘ ist vom Zweitwerk „The Flesh Prevails“, mit dem die Band wohl am meisten Aufmerksamkeit erlangte. Hier kann man deutlich den Zwischenschritt in der Entwicklung des Sounds hören. ‚Scar Queen‘ vom neuen Album wäre fast Postmetal, wenn die deftigen Growls von Sänger Alex Hofmann nicht wären. Die Band gibt sich konzentriert und routiniert, obwohl der musikalische Output überzeugt, springt der gewisse Funke nicht ins Publikum über. Natürlich überwiegen die Songs von „Dreamless“ ein wenig, auch wenn in dem recht kurzen Set von rund einer Stunde von allen drei Alben und der EP „Nomadic“ Stücke vertreten sind. ‚Abandon‘ und das folgende ‚The Void Alone‘ gehen wieder mehr in die Ambient-Ecke und Gitarrist Scott Carstairs Finger huschen mit schier unglaublicher Geschwindigkeit den Gitarrenhals hinauf und hinunter. ‚Ritual of Godflesh‘ schliesst als Song vom Erstlingswerk der Amerikaner den Kreis zum Anfang des Abends: Ein derber Tech-Death-Knaller, der die ruhigen Anklänge nur erahnen lässt. Mit einer kurzen Geste des Danks gehen die fünf Herren dann von der Bühne – und kehren nicht mehr für eine Zugabe wieder. Ein solider, aber alles andere als begeisternden Abend für Freunde moderner, extrem harter Klänge findet zu abrupt sein Ende.

Setliste (CH-Aarau, KiFF, 29.06.2016)

Cerebral Hybridization
Amber Gaze
Carved From Stone
Scar Queen
The Dead Sea
Abandon
The Void Alone
Sapphire
Ritual of Godflesh

(Alle Fotos mit freundlicher Unterstützung von Carin Vinzens. Hier gibt’s auch noch mehr Fotos vom Konzert!)

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