Ingo Alben des Jahres 2016 – Die üblichen Verdächtigen. Und Sound Storm!
“ Insgesamt kann man sagen, dass es im Jahr 2016 viele gute und sehr gute Alben von etablierten Bands gab, so überraschten z.B. Hammerfall mit einem traditionellen Werk, das so wahrscheinlich nur noch wenige erwartet hätten. Van Canto zeigten sich bei ihrer Zusammenarbeit mit Autor Christoph Hardebusch von der anspruchsvollen Seite, haben es aber trotzdem nicht geschafft, ihre Kritiker umzustimmen, was ihnen aber bei der entgegenkommenden Fanliebe wohl herzlich egal sein kann.
Die Melodic Death/Black Metaller Craving haben mit „By The Storm“ ein sehr eingängiges und angenehm heftiges Album kreiert, das mit rasenden Melodien, fein gekeiften Vocals und heroischen Chören ein komplexes Werk entstehen lässt, das fordert, aber auch mit großen Emotionen und mitreißender Wirkung belohnt. Speziell die Vorab-EP „Wielder Of Storms“ lief das Jahr über hoch und runter. Sehr zur Freude der Kollegen.
Dass Crematory mit „Monument“ nochmal ein Album veröffentlichen, war nicht unbedingt selbstverständlich, aber die neue Besetzung hat dem Gothic Metal-Schlachtschiff neuen Antrieb verliehen, was dem Material anzuhören ist. Mit Gitarrist Tosse Basler ist jemand an Bord, der Gänsehauterzeugende Klargesänge beisteuert und Songs wie „Die So Soon“ oder „Ravens Are Calling“ zu den intensivsten der Bandhistorie avancieren lässt.
Sehr gespannt war ich auch auf das neue Delain-Album. Von Jahr zu Jahr sind die sympathischen Niederländer noch symphonischer geworden, aber immer noch eine der wenigen Bands, die auch mal die Stimmbänder gurgeln lässt. Diesmal durfte Arch Enemy-Frontfrau Alissa White-Gluz ran und röchelte eindrucksvoll gegen das Rockorgan von Charlotte Wessels an. Die Songs sind wieder mal extrem eingängig und opulent komponiert, dass man mittlerweile bei Delain nichts mehr falsch machen kann.
Weg vom Partymodus der Vergangenheit präsentierten sich Equilibrium auf „Armageddon“, sondern zeigten sich von einer ernsthaften, philosophischen und dunklen Seite. Das die Songs auch mit anderer Botschaft funktionieren, beweist das komplette Album, ob jetzt alle Fans zu Vegetariern werden, sei mal dahingestellt, aber zum Nachdenken regt die Scheibe immer an. Und mit „Born To Be Epic“ lieferte man auch noch gleich einen der Ohrwürmer des Jahres ab.
“ Wenn Freedom Call ein neues Album veröffentlichen, kann man gleich Bier kalt stellen, den Grill anwerfen und eine gute Zeit haben. „Master Of Light“ funktioniert dahingehend genauso wie all seine Vorgänger. Mit „Metal Is For Everyone“ haben die Franken auch gleich noch das Zitat und die Botschaft des Jahres abgeliefert und das ganze Album durch einen gute Laune-Cocktail angerichtet. Mit jedem Album wundere ich mich immer mehr, wie man immer wieder eingängigste und abwechslungsreichste Ohrwurmmelodien komponieren kann, ohne sich irgendwann mal zu wiederholen. Mit „Master Of Light“ ist es jedenfalls auch möglich, im November eine heiße Grillsause zu veranstalten, denn da kam das Album raus.
Der Januar des Jahres begann vielversprechend, denn Rhapsody Of Fire veröffentlichten mit „Into The Legend“ ein Album, dass man von dieser Band erwartet: Viel Pathos, noch mehr Epik und orchestrale Wucht zum Niederknien gab es Anfang des Jahres, das mit „The Kiss Of Light“ sein emotionsreiches Finale fand. Immer noch ein Album, dass man gern auflegt.
Ähnlich kontrovers wie Freedom Call oder Rhapsody Of Fire werden auch Sabaton diskutiert. Viele können mit Ausrichtung und Image nicht viel anfangen, für alle anderen war „The Last Stand“ eine der wichtigsten Veröffentlichungen des Jahres. Und auch wenn die Personalsituation bei den Schweden nicht sehr konstant ist, besitzen alle Album dennoch eine durchweg hohe Qualität. Und auch „The Last Stand“ fällt kompakt und abwechslungsreich aus, mit „Sparta“ stellen Sabaton dann auch noch die Faustschwingerhymne des Jahres.
Der Frontfrau-Verbrauch bei Sirenia ist leider traditionell etwas höher, speziell in den Anfangsjahren der Band. Mit der Spanierin Aylin schien dann Konstanz einzukehren, doch leider war sie beim neuen Album „Dim Days Of Dolor“ dann nicht mehr am Mikro. Ihre Nachfolgerin macht ihre Sache aber durchweg gut und die Songs sind wie immer von Velandscher Qualität. Allerdings brauchte das Album eine Weile, um zu zünden. Danach fraß es sich aber ungezügelt in die Gehörgänge und nistete sich in Moll ein.
“ Die große Überraschung kam im Dezember 2016. Über vier Jahre haben die Italiener von Sound Storm für den Nachfolger von „Immortalia“ gebraucht, in der Zeit ging, kam und ging Sänger Philippe D’Orange, nun hat sich aber ein festes Line Up gebildet und mit „Vertigo“ haben die Stiefelländer ein Mammutprojekt geschaffen, bei dem das Album der Soundtrack zu einer eigenen Serie ist. Musikalisch ist das Album eine deutliche Weiterentwicklung zu „Immortalia“, die Songs sind komplexer, anspruchsvoller und verschachtelter, ohne aber zu sehr zu progressiv zu wirken. Ein Album aus einem Guss, das geschickt die Songs ineinander überleitet, dass nahezu keine Übergänge auszumachen sind. Dazu gibt es großartig-ergreifende, dramatische Melodiebögen, bombastische Chöre und emotionale Gesangslinien, die dafür sorgen, dass seither das Album in Dauerschleife läuft. Man muss sagen, dass der Erstdurchlauf etwas verstörend war, da ich ehrlich gesagt mit „Immortalia 2.0“ geliebäugelt hatte, aber „Vertigo“ wächst mit jedem Durchlauf, dass sich schlussendlich die Wartezeit von vier langen Jahren gelohnt hat. Die Vorfreude und die Überraschung war es dann auch, dieses Album auf Platz eins landen zu lassen.