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Escape of the Phoenix

„Escape of the Phoenix“ (AFM) ist so gut, dass es fast schon wieder langweilig ist! Ein vergiftetes Lob gleich zu Beginn für die neue Platte von Evergrey? Jein! Dennoch passt der Satz wie die Faust auf’s Auge und das ist gar nicht einmal negativ gemeint. Immerhin existieren die Schweden seit mittlerweile 28 Jahren und liefern mit ihrem selbsternannten „Melodic Dark Power Metal“ regelmäßig starke Alben ab. Doch wie kommt es zu einer derartig zwiespältigen ersten Aussage über ihren zwölften Longplayer?

Ganz einfach: Zuverlässigkeit ist das Stichwort. Mit „Forever Outsider“ beginnt „Escape of the Phoenix“ mit einem typischen Evergrey-Metal-Track. Während es sich bei „Where August Mourn“ und „The Beholder“ um eher mittelschwere Rocker handelt, schlägt „Dandelion Cipher“ in die gleiche Kerbe wie der Opener. „Stories“ ist dagegen eine etwas eindimensionale Ballade mit typischen Classik-Rock-Solo.

Mit diesen fünf Tracks ist die erste Hälfte des Albums auch schon rum. Bis dahin haben Evergrey gewohntermaßen hohe Qualität geliefert. Es beschleicht jedoch das Gefühl, dass die Songs alle etwas zu gewollt perfekt sowie etwas zu sehr am Reißbrett konstruiert sind. Es fehlt der Überraschungseffekt. Es könnte fast von einer neuen ungewohnten Direktheit im Progressive-Metal gesprochen werden, da unweigerlich Erinnerungen an das eingängige aktuelle Dream-Theater-Album „Distance of Time“ wach werden. Nur während die US-Amerikaner immer wieder kleine brillante Feinheiten und Hinhörer setzen, gelingt dies den Skandinaviern vorerst nicht.

Doch Gott sei Dank folgen noch sechs weitere Songs. Diese beginnen mit „Absence of Sun“, welches die zweite Ballade ist und zugleich den Wendepunkt markiert. Denn endlich kommen echte Emotionen! Sänger Tom S. Englund zeigt hier sein ganzes Gefühl, während das Klavier zu schweren Gitarrenriffs eine düstere Stimmung vermittelt. Mit „Eternal Nocturnal“ folgt ein brachialer Metal-Song, der wohl den besten Refrain des Longplayers besitzt. „Escape of the Phoenix“ und „Leaden Saint“ sind ebenfalls zwei richtige Bretter, die vor allem durch das bockstarke Gitarrenspiel und die Instrumentalteile zu überzeugen wissen. In Ihnen zeigt sich Progressive-Metal von seiner besten Seite: anspruchsvoll, überraschend und kreativ! Da auch „You From you“ sowie der Closer „Run“ zu überzeugen wissen, stellt sich der zweite Part von „Escape of the Phoenix“ ganz anders als der erste dar.

Evergrey bieten also zu Beginn gewohntermaßen hohe musikalische Qualität, lassen jedoch das i-Tüpfelchen vermissen. Die Lieder sind ein wenig zu glatt. Es fehlen Ecken und Kanten. Sicherlich kann dies als Meckern auf hohem Niveau abgetan werden. Dass es jedoch auch anders geht, beweisen Evergrey auf „Escape of the Phoenix“ anschließend. Sie treiben sich selbst zu Höchstleistungen und bieten melodischen Progressive-Metal auf aller oberstem Niveau!


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