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DRAIN – Living Proof

Was macht eigentlich der Hardcore so in den letzten Jahren? Sicherlich sind manche Helden gut, andere eher schlecht gealtert. Doch der erste Gedanke geht wohl an den Nachwuchs der Klasse von 2011. Diese ist mit ihrem Post-Hardcore mit Bands wie La Dispute oder Touché Amoré und Alben wie „Wildlife“ oder dem auch Jahre später emotional noch kaum zu verdauenden „Stage Four“ weit weg vom klassischen Hardcore, dafür jedoch prägend für die 10er Jahre gewesen. Doch 2021 wurde eine sich deutlich mehr auf den klassischen Hardcore berufene Form präsenter und plötzlich war der Begriff Hardcore über Genregrenzen hinaus abermals in der Diskussion. Denn Turnstile brachen mit ihrer Platte „Glow On“ sämtliche Barrikaden ein und bekamen Aufmerksamkeit aus allen Richtungen. Im Schatten hiervon machen sich Drain auf den Weg, die Musikrichtung einer jüngeren Generation wieder ins Gedächtnis zu rufen. Bereits ihr Debüt „Watch You Burn“ hatte sie in den Fokus von Fans und Kritikern gesetzt. Nun folgt mit „Living Proof“ (Epitaph) ihr Zweitlingswerk.

Anders als die Kollegen von Turnstile sind Drain deutlich mehr im klassischen Hardcore verwurzelt und spielen härter und schneller. Die frühen Bad Brains lassen eindeutig grüßen. Doch dabei bleibt es nicht. Auf „Living Proof“ mixen Drain in ihren Hardcore eine Menge Thrash Metal und orientieren sich an modernen Old-School-Thrashern á la Power Trip, Municipal Waste oder Dust Bolt. Das passiert auf musikalisch schnellem und hohem Niveau. Die Band zeigt wie kaum eine andere, dass Hardcore technisch anspruchsvolle Musik sein kann.

Ganz von der Hand sind ebenfalls Einflüsse aus der Crossover-Szene der 1990er Jahre nicht zu weisen. Diese sind jedoch wohl eher bei Biohazard und Suicidal Tendencies als bei Clawfinger oder Rage Against the Machine zu finden. Ganz im Sinne des genreübergreifenden Gedankens derartiger Großväter machen Drain auf „Living Proof“ teilweise was sie wollen. Ihre „Intermission“ beginnt als knallharter Rap-Track amerikanischer Schule. Kurz darauf überraschen sie wiederum mit einem Cover des Descendents-Tracks „Good Good Things“. Wer eine geknüppelte Variante erwartet, liegt falsch. Das Cover ist nah am Original und kommt ausgesprochen Pop-punkig daher. Es bricht mit dem ansonsten rasanten Sound der Platte.

In diesem Sinne ist sich die Garde um junge Hardcore-Bands wie Turnstile oder eben Drain wieder einig. Musikalische Szene-Dogmen braucht es nicht. Lieber das Do-it-youself mit ein bisschen Do-what-you-want würzen als stehen zu bleiben. Die Zukunft des Genres Hardcore scheint interessant zu werden. Drain könnten mit „Living Proof“ zu den Bands gehören, die das Genre in den 20er Jahren neu definieren.

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