|

DISAFFECT/SANCTUS IUDA – Fuck All Borders

Die 90er waren das Jahrzehnt des Crust Punks, der politischen Punk Bands, vor allem aus Britiannien kommend: Doom, Extreme Noise Terror, Sedition/Scatha, Health Hazard, Oi Polloi, Suffer, Cress, Extinction of Mankind und eben die Schotten von Disaffect. Ein Album, ein offizielles Live-Bootleg und drei Singles umfasste ihr Diskografie. Seit ein paar Jahren ist der Fünfer aus Glasgow wieder aktiv, hat eine Benefits-Scheibe, eine 7-Inch veröffentlicht und nun mit „Fuck All Borders“ (Armageddon Label/Sanctus Propaganda) tatsächlich ein neues Album am Start. Okay, es ist eine Split-Geschichte mit den polnischen Crusties von Sanctus Iuda aus dem Sanctus Propaganda-Umfeld.

Mit großen Erwartungen werden die sechs neuen Disaffect-Songs zu Gemüte geführt. Und sie sind eindeutig das, was zu erwarten ist: schnelle, gradlinige Punk-Granaten mit nachdrücklichen Female- und growligen Male-Vocals. Der Opener ,Into Darkness“ könnte glatt aus der ersten Phase der Band stammen. Er versprüht die Wut und Energie, für die sie damals bekannt waren. Inzwischen haben sich auch ein paar langsamere Passagen in die Songs eingeschlichen, die der Band aber gut zu Gesicht stehen.
Die energische Musik Disaffects soll aber weiterhin in erster Linie den Inhalten von Songs wie ,Profit from Pain‘ oder ,Keep It Political‘ zu mehr Ausdruck verhelfen. Der Grund für das Comeback ist schließlich so aktuell, wie es nur geht.

Mit ihrem ersten, sechsminütigen Song ,Odmawiamy Klękania‘ erinnern Sanctus Iuda an die großartigen Nausea vom Big Apple. Das ruhige, schwelgerische Intro und der darauf folgende wutentbrannte Mittelteil bilden einen superben Crust-Song. Die folgenden fünf Songs sind weniger episch angelegt, dafür kommen sie direkt zur Sache. Klassischen D-Beat mischt das Quintett mit kraftvollen Mid-tempo-Teilstücken auf. Besonders die Intros, neben dem bereits erwähnten Song auch bei ,Zatańcz Na Radiowozie‘ fallen auf. Davon hätte es gerne mehr geben können.
Auch so machen Sanctus Iuda keine Kompromisse, weder musikalisch noch inhaltlich. Bei den Polen schlägt noch ein richtiges Punker-Herz.

Zwei Crust-Punks-Combos auf einem Album, zwei Seiten der Medaille: die erste punkig, simpel und unverwechselbar britisch mit den zweistimmigen Front-Duo, die andere lupenrein der schwedischen, druckvollen Spielweise zugeneigt. Beide Bands haben einen ähnlichen politischen Hintergrund und leben die DIY-Ethik der 90er. Bei der derzeitigen Weltlage kommt da aber keine Nostalgie auf, sondern es muss die Notwendigkeit von solchen Bands unterstrichen werden. Das Anliegen beider ist eindeutig: Fuck All Borders!

Bewertung: 2

Disaffect bei Facebook

www.sanctuspropaganda.com/tag/sanctus-iuda

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar