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American Folk Armageddon

Da hat also jemand dem mainstreamigen Folk-Geschmachte den Kampf angesagt. Den Armageddon ausgerufen, gar, und lässt auf dem Cover seines Albums einen aufgebrachten ‚gnome guy‘ wütend die Faust erheben. Oder ist es vielmehr andersherum, dass Brett Newski aus seinem Genre heraus, den Rücken folkig gestärkt, es der gesamten Welt zeigen will?

Dass sein musikalisches Schaffen verschiedene Interpretationen zulässt, gesteht Newski im Text zum Opener ‚Dirt‘ wohl selbst zu:

‚I’m not my mind and I never was / I’m not the things that I’m thinking of (…) I am aware my head thinks things that it don’t mean.‘

Nun, ein bisschen Schizophrenie kann nicht schaden bei dem Vorhaben, die heimatliche – namentlich amerikanische und damit oft konservative – Folktradition für seine anarchistischen Ziele einzunehmen. Und so erwartet den Hörer auf ‚American Folk Armageddon‘ zunächst das, was der Titel vermuten lässt. Brett Newski mag es roh, bisweilen kämpferisch. Seine Songs sind in ihrer Ursprünglichkeit belassen. Akustikgitarre und Snare geben das Grundgerüst und den Beat vor, eine Bandbreite an Instrumenten ist schmückendes Beiwerk. Nichts wurde aufgehübscht oder unnötig angepasst.

Womöglich ist es Newskis mehrmonatigem Herumstrolchen durch Südostasien geschuldet, dass er sich auf das Wesentliche konzentriert. In Saigon avancierte er nämlich nicht nur zum Komponisten für Tampon-Werbung, sondern nahm seine Songs in improvisierten Studios auf, als er Länder wie Thailand, Vietnam oder die Philippinen mehr suchend als planend durchwanderte. Ein Ausbruch aus dem routiniertem Leben ist daher Newskis Empfehlung an seine Hörer und daraus folgt eine der vielen Lebensweisheiten auf ‚American Folk Armageddon‘:

‚We’re running out of time to fuck around.‘

Allein, so apokalyptisch gibt sich Newski auf seinem neuen Album letztlich doch nicht. Im Gegenteil lässt es sich bei Songs wie ‚Vs. The World‘ oder ‚Santa Maria‘ mindestens zustimmend mitnicken und positiv gelaunt abtanzen. Und ‚No Anchor‘ ist mit seinem melodischen Refrain schon fast harmonisch. Sicher ist auf Platte schwer einzufangen, was sich mit Leidenschaft, Schweiß und Lautstärke bei Live-Shows entfalten lässt. Aber ungenutztes Potential zu ein bisschen mehr Chaos steckt in den Songs allemal. Immerhin lässt der Demo-Charakter von ‚American Folk Armageddon‘ erahnen, dass Brett Newski auf der Bühne durchaus zum Armageddon fähig ist. Aus der Konserve sorgt er immerhin für einen erfrischenden Wirbelsturm im häuslichen Wohnzimmer.

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