Vor wenigen Tagen erst haben Kiss die Festivals gestürmt, und auch in Hamburg gespielt, die Mengen in Wallungen gebracht und hunderttausende von Menschen mit ihrer Musik begeistert. Eine der größten und wichtigsten Rockbands aller Zeiten, keine Frage. Gründungsmitglied Ace Frehley ist schon lange nicht mehr bei Kiss, und der Hamburger Traditionsclub "Grünspan" fasst gerade mal um die 900 Zuschauer. Das sagt aber erst einmal gar nichts über die Qualitäten des ehemaligen Kiss-Gitarristen aus. Wir waren daher für Euch live dabei und haben Ace Frehley beim Gitarrespielen auf die Finger geschaut.

Es passiert ja auch nicht allzu oft, dass eine große Schnittmenge an Songs von Musikern, die früher einmal gemeinsame Wege gegangen sind, am gleichen Abend an zwei verschiedenen Orten live gespielt wird. Heute aber stehen Kiss mit Tommy Thayer an der Gitarre in Zürich vor rund 7000 Fans auf der Bühne, während Ace Frehley in Hamburg nur gut zehn Prozent dieser Menge anlockt und heute an der Reeperbahn alles im Vergleich zur Rock’n’Roll-Gigantonomie in der Schweiz ein paar Nummern kleiner ausfällt. Der Space Invader ist nach Hamburg gekommen, eben jener ehemalige Spaceman „Space Ace“ vom Planeten Jendell, der Mitbegründer von Kiss. Zuerst stieg Frehley 1982 bei Kiss aus, um dann von 1995 bis 2002 noch einmal für einige Reunion-Tourneen in die Band zurück zu kehren. Aber seine Verbindung zu Kiss ist es natürlich, die heute die Fans in die Hansestadt gelockt hat. Eine nicht geringe Menge davon dürfte auch vorige Woche beim Hamburger Gastspiel von Kiss mit dabei gewesen sein. Und die erwarten natürlich – zu Recht – auch ein paar der alten Kiss-Klassiker in der Setlist.
Zum Schluss gibt es noch das altbekannte Gesangsspiel zwischen Frontmann und Publikum, bei dem es nicht um Wohlklang, sondern lediglich um Lautstärke geht. Und diese genügt Agnew natürlich noch nicht. „You have to warm up your voices for Ace Frehley!“ Bei der dritten Wiederholung und der Ansage „To hell with Ace Frehley, do it for me!“ wird es dann tatsächlich am lautesten.
Dann aber endlich das Intro: Zu leerer Bühne schallt ‚Fractured Mirror‘ vom Band, bis Ace und seine dreiköpfige Band (zweite Gitarre, Bass und Schlagzeug) aus dem Dunkeln auftauchen und mit der alten Kiss Nummer ‚Rocket Ride‘ das Konzert eröffnen. Da gibt es natürlich keine Pyrotechnik, keinen Rauch, keine Effekte. Das ist sozusagen Kiss ohne den Rockzirkus drum herum, ohne Hochseilakrobatik und natürlich auch ohne das berühmte Make-Up. Ace Frehley macht sein Ding – er spielt zwar viele Kiss-Songs, macht aber eben auch klar, dass seine Zeit mit der Band lange vorüber ist. Apropos Make-Up: Frehley wird natürlich auch nicht jünger. Über 40 Jahre Rock’n’Roll, endloses Touren und eben auch Alkohol und Drogen haben den 64jährigen gezeichnet. Fit ist er allerdings noch immer und versteht es, seine Fans sofort zu begeistern. Ohne viel Schnickschnack präsentiert er dem Hamburger Publikum geradlinigen Hardrock, wobei es neben eigenem Material natürlich auch viele Kiss-Songs zu hören gibt. Die werden teils etwas vom Original abweichend interpretiert, gehen aber insgesamt immer noch als „Originale“ durch.
„We’re back in the 70s now“, erklärt der Spaceman seinen nächsten Song. „Everybody was doing cocain, except Paul and Gene.“ ‚Snowblind‘ wird dann – ganz egal ob mit oder ohne Drogen – schnell zu einem Highlight des Abends. Der Sound ist druckvoll und laut, der Gesang klar verständlich, die Mischung stimmt überwiegend, auch wenn der Bass teilweise etwas rumpelt. Spendabel ist er ja, der Ace. Immer wieder wirft er Gitarrenplektren ins Publikum, und mehrfach auch seine Handtücher, mit denen er sich gerade noch den Schweiß abgetupft hat. Ob die glücklichen Fänger der Handtücher diese ungewaschen mit nach Hause nehmen, ist leider nicht bekannt.
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Setlist Ace Frehley, 10.06.2015 Hamburg, Grünspan
Rocket Ride
Gimme A Feelin’
Toys
Parasite
Love Gun
Breakout
Space Invader
2000 Man (Rolling Stones Cover)
Snowblind
Rock Soldiers
Bass Solo
Strange Ways
2 Young 2 Die
New York Groove
Shock Me
Guitar Solo
Cold Gin
Rip It Out
Detroit Rock City
Deuce
Bericht und Fotos: Michael Buch