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A Bigger Bang: Live On Copacabana Beach

EINS KOMMA FÜNF MILLIONEN FANS!

Selbst bei einem Gratis-Konzert, auch an dem vermutlich schönsten Strand der Welt, braucht es ein wirklich namhaftes Zugpferd, um eine solche Menschenmenge an einem Mittwoch (!) auf einen Fleck zu bekommen. Im Februar 2006 spielten die Rolling Stones im Rahmen ihrer „A Bigger Bang“-Welttournee zum gleichnamigen Album diese Mega-Show in Rio de Janeiro an der Copacabana, deren Aufnahme nun in Gänze unter dem Titel „A Bigger Bang: Live On Copacabana Beach“ (Universal Music) veröffentlicht wird.

Das Programm ist ein typischer Stones-Abend. Seit der 89´er „Steel Wheels“-Reise hat sich die Setlist immer nur in homöopathischen Dosen verändert und fängt entweder mit „Start Me Up“ oder wie an diesem Abend mit „Jumping Jack Flash“ an. Direkt im Anschluss kommt – nach einer Ansage auf Portugiesisch – das unvermeidliche „It´s Only Rock ‘N‘ Roll“, bei dem Keith Richards stakkatoartig seine Soli raushaut.

Der geneigte Fan hört sich die Mitschnitte schon längst nicht mehr wegen der musikalischen Finesse der Truppe an. Viel spannender sind die Momente, in denen die Musiker – trotz jahrzehntelangem Zusammenspiel – danebenhauen: Wood beginnt das Solo in der falschen Tonart, Richards verschlampt das Intro oder Jagger fängt mit der verkehrten Strophe an, weil er zu weit weg vom Teleprompter steht. Das sind die Momente, die eine Stones-Show unvergleichlich machen. Die Chuzpe, mit der die Herren sich immer schon auf die Bühne trauten – in anderen Bands wäre das Personal aus qualitativen Gründen längst ausgewechselt worden – macht genau den Charme dieser Truppe aus.

Neben den All-Time-Favorites, die immer dabei sind, gibt es immer auch ein paar Perlen, bei denen es sich dann doch lohnt, genauer hinzuhören. Auf diesem Album ist das die vielleicht schönste Ballade, die Jagger/Richards jemals geschrieben haben: „Wild Horses“, ursprünglich für Marianne Faithfull gedacht, klingt auch bei Männern im Rentenalter immer noch berührend. Außerdem wird Ray Charles´ „Night Time Is the Right Time“ gespielt. Eine musikalische, von Bläsern getragene Urgewalt, die zeigt, dass die Stones auch Soul glaubwürdig rüberbringen können. Mr. Richards krächzt auf seine unnachahmliche Weise „This Place Is Empty“ und im letzten Drittel gibt es noch die Früh-Nummer „Get Off My Cloud“. Dann geht es mit „Honky Tonk Woman“, „Sympathy For The Devil“, „Brown Sugar“ und natürlich auch „Satisfaction“ in den Endspurt.

Die Frage ist: Braucht man diese Scheibe? Wer noch kein Live-Album der Stones hat, macht hier nichts falsch. Alle relevanten Hits, Stimmung im Publikum und eine Gruppe, die hörbar gut drauf ist. Als eher nur Sympathisant, der schon „Flashpoint“ oder einen anderen Komplett-Mitschnitt hat, braucht es „Live On Copacabana Beach“ nicht. Bleiben also die Die-Hard-Fans: Für die ist es ein weiterer Baustein in der Sammlung der wirklich besonderen Shows, die die Band in den letzten 60 Jahren gespielt hat und somit unverzichtbar.

 

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