Wasteland

Die Tage werden wieder kürzer, und bei allem Übel auf dieser Welt fragt man sich immer wieder, ob nicht doch eines Tages die Apokalypse über uns alle hereinbrechen wird. Zeit also für ein Progressive-Rock-Album auf Post-Apokalyptischen Pfaden. Das hat sich wohl zumindest die polnische Prog-Band Riverside beim Songwriting gedacht. Nach Aussage ihres Frontmannes Mariusz Duda haben sich die Polen auf Wasteland mit Endzeit-Themen beschäftigt, aber natürlich musste und sollte auch die Tragödie aus dem Jahre 2017 verarbeitet werden, als der überraschende und plötzliche Tod des Bandgründers Piotr Grudzinski Riverside in eine schwere Krise gestürzt hat. Also ein pessimistisches, düsteres Album für traurige Herbstabende?

„Wasteland“ beginnt sehr intim mit einer einsamen a cappella-Stimme von Mariusz Duda im Intro ‚The Day After‘, über die sich langsam sphärische Keyboardflächen legen, bis im nächsten Song die Gitarren mit einem hypnotischen Riff dazukommen. ‚Acid Rain‘ hat Biss und steigert sich im weiteren Verlauf immer mehr und wird zu einer fast schon metallischen Nummer mit dichtem Bass- und Drumspiel im Rhythmusbereich. Mit den beiden ersten Songs wird gleich die Marschrichtung für das ganze Album vorgegeben: Ein atmosphärisch dichter Mix aus stimmungsvollen, leicht mystischen und melancholischen Momenten, ruhig und fließend, und härteren, aggressiven Elementen, bei denen aber immer die Melodien im Vordergrund stehen. Trotz des apokalyptischen Themas ist Wasteland ein sehr melodisches und eingängiges Album geworden. So startet der schon vorab veröffentlichte Song Vale Of Tears relativ heavy, bevor die Energie zurückgedreht wird und der Schwerpunkt auf Stimmung und ein ruhiges, fast lyrisches Thema gelegt wird. Am Ende wird’s dann wieder prog-metallisch mit elegisch-schweren Keyboard-Passagen.

Emotional, filigran in den Akustikparts wie zum Beispiel auf ‚Guardian Angel‘, der nur von der gedämpften Gitarre und dem Piano getragen wird, dann wieder komplex, ohne ins Gefrickel abzudriften. Riverside setzen dem verstorbenen Piotr Grudzinski ein würdiges Denkmal und verbinden geschickt Emotionen wie Trauer und Angst mit Momenten der Hoffnung in einer apokalyptischen Welt. Mariusz Duda hat auch die Gitarrenparts übernommen und liefert in den Instrumentalparts einige spannende und sehr melodische Soli ab, für die man Riversides neuen Output als Prog-Fan einfach nur lieben muss. Es ist eine weite, leere, post-apokalyptische Welt, in der einsame Gitarrenparts vom Staub durch das Nichts getrieben werden. Ein gutes Prog-Konzeptalbum beschwört Bilder beim Hören herauf, und das schafft diese Scheibe perfekt. „Wasteland“ ist mit Sicherheit eines der emotionalsten und auch schönsten Alben der polnischen Band geworden, an dem sich die Progger in Zukunft werden messen lassen müssen.

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