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The Dream Is Over

Wenn man Stefan Babcock über ‚The Dream Is Over‘ philosophieren hört, gewinnt man schnell den Eindruck von einem Comin-of-Age-Werk. Nur ist es in seinem Fall aber ein End-Zwanziger, der sich auf dem neusten Album von PUP, bei denen er sowohl Gitarre als auch Mikrofon bedient, die Frage stellt, ob das Musiker- und Tour-Leben für ihn noch ein angemessenes ist. Das ist ein bisschen niedlich, bedenkt man die Ausdauer alter Barden wie Iggy Pop oder Mick Jagger. Aber in diesem, nennen wir es Beruf gehen die Uhren anders, und Babcock scheint seine Band fast noch als Jugendsünde zu begreifen, wenn er also sagt: ‚Die meisten Menschen erfahren diese Resignation, diese Akzeptanz des echten Lebens mit all seinen Fehlern früher oder später. Das nennt sich ‚erwachsen werden‘.‘

Was dieses ‚echte Leben‘ und Erwachsensein für Babcock nicht ist, wird deutlich im Video zum Album-Opener ‚If This Tour Doesn’t Kill You, I Will‘ anschaut. Monatelanges Touren weckte offenbar mordlüsterne Gefühle für die Bandkollegen, die blutig in Szene gesetzt und überdeutlich im Text verarbeitet wurden:

‚Everything you do makes me wanna vomit / And if this tour doesn’t kill you, buddy, I’m on it / Don’t wish you were dead, I wish you’d never been born at all.‘

PUP und ihr neues Album stecken voller Sarkasmus (allein der Albumtitel!), der nichts für Humanisten bereithält. Die Melodien dazu sind vielschichtig bis verspielt, besteht in mehreren Ebenen. Mehrstimmige Gesänge und Shouts verleihen den Songs eine schier unbändige Kraft, Babcock legt sich stimmlich schwer ins Zeug.’DVP‘ und ‚My Life Is Over and I Couldn’t Be Happier‘ gehen gut nach vorne weg, ‚Old Wounds‘ wartet mit straightem In-your-face-Hardcore auf. In ‚Can’t Win‘ wiederum driften PUP fast in Pop-Gefilde ab und wirken eigenartig versöhnlich, was die gesamte Wirkung des Albums ein wenig ausbremst. Dafür konstatiert Babcock im folgenden ‚Family Patterns‘ sogleich haareraufend und händeringend:

‚I never felt so shitty before, I never felt so miserable‘

, um zum Abschluss mit ‚Pine Point‘ fast wieder melancholisch zu werden.

‚The Dream Is Over‘ ist ein Album wie eine Achterbahnfahrt. Gemeinsam mit der Band ist der Hörer hin- und hergerissen zwischen der Akzeptanz des Älterwerdens und einer trotziger Fuck you-Haltung. Es ist ein sehr lebendiges Album und ein sehr knackiges. Nach knapp 31 Minuten ist es viel zu schnell vorbei. Der Traum aber zum Glück noch lange nicht.

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