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SweetKiss Momma – Liegt Texas mittten in Bremen?


Sweetkiss_Momma_1.jpgSweetKiss Momma stammen aus dem kleinen Ort Puyallup in der Nähe von Seattle im Nordwestern der USA – einer Gegend, die man eher mit dem Grungerock Nirvanas assoziiert als mit Southern Rock im Stil von Bands wie Lynyrd Skynyrd oder The Black Crowes. Jeff, Jeremy, Jack und Jimmy, die vier „Js“, sind zum ersten Mal mit ihrer Musik nach Europa gekommen, haben in den letzten Wochen diverse Shows in Spanien, Frankreich und Belgien gespielt und touren jetzt noch für einige Auftritte durch die deutschen Clubs. Heute steht also Bremen auf dem Programm. Im Gepäck haben die sympathischen Amis ihre beiden Alben „Revival Rock“ und das letztjährige A Reckoning Is Coming. Sie versprechen kernigen, bodenständigen Southern-Rock mit Blues-, Hardrock- und Gospel-Elementen. Es sind zwar nur etwa dreißig Leute gekommen, um ihnen bei dieser groovigen Mischung zu lauschen, aber das tut der Stimmung und Atmosphäre heute Abend keinen Abbruch. Zuschauer und Band sind bestens gelaunt, als es gegen 20 Uhr 30 ganz ohne Vorgruppe losgeht.

Sweetkiss_Momma_2.jpg „Jeff Hamel, Leadsänger und Rhythmus-Gitarrist, betritt die Bühne und wirkt in seinem karierten Holzfällerhemd wie ein Bauarbeiter oder Lastwagenfahrer. Das passt gut zur ehrlichen handgemachten Rockmusik, die jetzt für gut 90 Minuten durch den Bluesclub schallt. Ohne viel Firlefanz kommt der bärtige Frontmann gleich zur Sache: Mit „I’m a man with a need, and you know it!“ stimmt er den hardrock-lastigen Opener ‚Get Some Love‘ an. Auch wenn die meisten Zuschauer bisher wohl noch nicht viel von der Band gehört haben, werden sich doch gleich von den kernigen Riffs irgendwo zwischen ZZ Top und AC/DC mitgerissen, als Jeff Hamel und seine Bandkollegen um ein wenig Liebe bitten. Der Kontakt zum Pubikum ist schnell da, und schon sieht man die ersten Clubbesucher ausgelassen tanzen. Da ist es vielleicht gar nicht so verkehrt, dass der Raum vor der Bühne lange nicht gefüllt ist – mehr Platz zum Bewegen.

Sweetkiss_Momma_4.jpg„Won’t you hear my plea to get right out, I don’t need you hanging around anymore!“ heißt es im folgenden Stampfer ‚For The Last Time‘, aber SweetKiss Momma brauchen ihr Publikum, und die Bremer amüsieren sich trotz ihrer geringen Zahl. Da bleibt zu hoffen, dass dieser Auftritt nicht das letzte, sondern vielmehr das erste Mal sein wird und die Southern Rocker bald einmal wieder kommen. Die Band muss live übrigens auf die Keyboards- bzw. Hammond-Orgel verzichten, die für die beiden Alben im Studio eingespielt wurden, so dass der Sound auf der Bühne noch ein wenig dreckig-rockiger ausfällt als auf Platte, da die bluestypischen Hammond-Einlagen fehlen. Aber die Mundharmonika ist natürlich präsent und wird von Jeff Hamel ausgiebig bedient. Der Bandleader prostet den Bremern mit einer Flasche des bekannten einheimischen Bieres zu und sichert sich auch so die Sympathien der Hanseaten. Nötig hat er das aber kaum noch, denn Sweetkiss Momma können musikalisch voll und ganz überzeugen. Die Grenzen zwischen Southern- und Bluesrock verschwinden, immer wieder geht es mal bluesig, dann wieder hardrockig zu, wenn Gitarrist Jack Parker in die Saiten greift und auch mal das eine oder andere längere Solo improvisiert. Jeffs jüngerer Bruder Jeremy Hamel („My little kid brother, he likes it when I call him like that!“) spielt den Bass und kommt heute in zerrissenen Jeans auf die Bühne und lässt den Boden des kleinen Clubs mehrfach erzittern.

Sweetkiss_Momma_5.jpg „Die Reise nach Deutschland führt Schlagzeuger Jimmy Hughs auch an seine Wurzeln zurück. Wie der Frontman zwischendurch dem Publikum erklärt, stammt die Urgroßmutter des Drummers aus Deutschland, und es ist für ihn die erste Gelegenheit, sich hier einmal etwas umzuschauen. „We love Germany“, erklärt Jeff Hamel, und wir glauben es ihm gerne. „Aber wir haben es immer noch nicht geschafft, typisch deutsch Essen zu gehen.“ Ja, kurz vor dem Konzert haben sich die vier Amerikaner nebenan noch die Bäuche vollgeschlagen – beim Chinesen.

Sweetkiss_Momma_9.jpg „Abwechselnd werden Songs beider bisheriger Alben gespielt, und zwischendurch gibt es immer wieder mal ein Cover zu hören, das bekannteste davon dürfte ‚Can’t You See‘ der Marshall Tucker Band sein, das SweetKiss Momma heute mit einem kernigen Gitarrensolo und Blueseinlagen auf der Mouthharp zu einem groovigen Highlight des Konzertes strecken. Mit ‚Same Old Stories‘ wird es dann etwas ruhiger und entspannter, aber ohne zu sehr in den Schmalz- und Balladenbereich abzudriften. SweetKiss Momma bleiben rau und ehrlich, und nach der Midtempo-Nummer ‚Slow Fade‘ vom ersten Album folgt mit ‚Breathe Rebel‘ eine waschechte amerikanische Südstaatenhymne. Da macht es überhaupt nichts, dass die Band aus dem Norden kommt und im kühlen deutschen Bremen spielt und nicht irgendwo in Texas. Zum Finale gibt’s den ‚Dirty Uncle Deezer‘, bei dem das Publikum natürlich die vielen „Na na nas“ des Refrains mitsingen darf – und das macht es durchaus gut. Jeff Hamel ist zufrieden, und bleibt dann gleich auf der Bühne, um mit dem Cover ‚Have Love Will Travel‘ den Abend eindrucksvoll zu beschließen. Das eigentlich noch auf der Setliste stehende ‚Fix My Hair‘ wird aus unerfindlichen Gründen ausgelassen.

Sweetkiss_Momma_3.jpg „Ja, es waren nicht viele Bremer, die an diesem Abend in den Genuss des mitreissenden Southern Rocks gekommen sind, aber für die, die den Weg ins Meisenfrei auf sich genommen haben, hat es sich definitiv gelohnt. Und wenn man sich die Menge anschaut, die sich nach Konzertende noch um den Merch-Stand drängt, um Shirts und vor allen Dingen CDs zu erwerben, hat es sich auch für die Band gelohnt. Den Bremern haben SweetKiss Momma gefallen, und sie wollen ihre Musik mit nach Hause nehmen. Von daher war es dann doch für alle ein erfolgreicher Abend.

Mehr über die Band und ihre Musik könnt ihr bei uns demnächst lesen, denn wir haben die Chance genutzt, uns mit Jeff Hamel und seinen Kollegen noch ein wenig über Southern Rock und das Leben auf Tour zu unterhalten.

Setlist SweetKiss Momma:

Get Some Love
For the Last Time
Mississippi Queen (Mountain Cover)
Like You Mean It
What I Like About You
Son Of A Mountain
Sugar In The Raw
Just Got To Be (The Black Keys Cover)
A Reckoning Is Coming
Ready To Go
Come Clean
Can’t You See (Marshall Tucker Band Cover)
Rocket Ride
Mercy Love
Same Old Stories
Slow Fade
Breathe Rebel
Dirty Uncle Deezer

Have Love Will Travel (The Sonics Cover)

Bericht und Fotos: Michael Buch

Die komplette Fotostrecke findet Ihr in Kürze auf auf unserer Facebookseite

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